Bereits seit 10 Jahren wird in Karlsruhe im Innenstadtbereich an der Tieferlegung der Straßenbahn gebaut und noch deutlich länger daran geplant. Anders als bei den Nachbarn in Stuttgart gab es gegen dieses Vorhaben jedoch wenig Widerstand. Das mag an der Volksabstimmung gelegen haben, mit der die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an beteiligt waren. Und ja, es handelt sich hier auch um ein Projekt, dessen Nutzen sich beim verkehrsfreien Flanieren künftig sehr konkret erfahren lässt. Zur Akzeptanz beigetragen haben dürfte außerdem der schöne Infopavillon von Kränzle+Fischer-Wasels, der 2010 eröffnet wurde.
Bei aller Harmonie: Nur um Peanuts geht es auch hier nicht, mindestens eine Milliarde Euro dürften am Ende im Boden landen. Dafür bekommt Karlsruhe aber auch Einiges, sieben unterirdische Stationen sind unter anderem geplant. Von denen wird ab 2018 am Markplatz die erste ausgebaut werden. Das Gestaltungskonzept für alle Stationen stammt von Allmann Sattler Wappner Architekten, die sich mit Ingo Maurer Lichtdesign zusammengetan haben. Bereits 2004 hatte das Team den Wettbewerb für sich entscheiden können.
Der Rohbau mit den notwendigen Tunnelabschnitten und Bahntrassen ist bereits weitestgehend fertiggestellt. Der etwas profane Name des Gesamtprojekts – Kombilösung – diente den Architekten dabei auch als Inspiration für ihren Gestaltungsansatz, so lässt sich die Presseerklärung jedenfalls verstehen. Die Stationen begreifen sie nicht als singuläre Einzelstücke, sondern als engen Verbund, deren Zusammengehörigkeit deutlich zum Ausdruck kommen soll. Unterschiede ergeben sich damit eher aus ingenieurstechnischen und räumlichen Vorgaben wie variierende Spannweiten oder unterschiedliche Zugangssituationen.
Zwei Aspekte fallen einem beim Betrachten der Bilder auf. Zum einen gibt es einen schönen Kontrast zwischen den intim beleuchteten Übergangsräumen und der sehr hellen Atmosphäre der Bahnsteighalle. Und zum anderen wagt sich das Team mit Ingo Maurer an eine überraschend grazil wirkende Lichtinstallation, die zugleich als Kunst am Bau fungiert. Ein Gewirr aus feinen Drähten und Seilen überspannt das Gleisbett als eine Reminiszenz an die „Elektrifizierung der Eisenbahn“. Diese Konstruktion trägt wiederum eine Vielzahl von zylindrischen Leuchtstäben zur gleichmäßigen Illuminierung der Bahnsteige und des Deckenraums. Abgehängte Leuchter mit verschiedenfarbigen Lichtquellen sorgen außerdem für bunte Schatten, was im hellen Raum subtile Akzente setzt.
In Zeiten, in denen öffentliche Räume aus Angst vor Vandalismus tendenziell immer wuchtiger und robuster konzipiert werden, setzt sich ein solch fragiler Ansatz wohltuend ab. Geschenkt also, dass man in den Drähten auch ein spätes Echo der Anfang der Neunizigerjahre sehr verbreiteten Halogensysteme sehen kann. Oder ist das womöglich gar kein Zufall? Schließlich hatte Mauer selbst 1984 mit „YaYaHo“ das Niedervolt-Lichtsystem erfunden. (sb)
Zum Thema:
www.diekombiloesung.de
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°_° | 28.11.2017 16:32 UhrWiderstand
Proteste, Unterschriftensammlungen etc. gab es in den Jahren vor der endgültigen Entscheidung für die Umsetzung durchaus. Auch dieses Projekt hat einige Abwägungs-Stadien durchlaufen und wurde längst nicht von der ersten Idee an, linear durchgezogen.
Sicher war der Widerstand aber insgesamt weniger intensiv als in Stuttgart.