Seit 1904 wird in Karlsruhe mit Fernwärme geheizt, damals wurden auf diese Weise Teile des Schlosses warmgehalten. In den 50er Jahren begann dann die großtechnische Versorgung, zunächst mit der Belieferung des Siemenswerkes mit Dampf. Heute versorgen die Karlsruher Stadtwerke 32.000 Haushalte mit Fernwärme und 90.000 mit Erdgas, hinzu kommen 190.000 Stromkunden und Trinkwasser aus sechs Wasserkraftwerken, die etwa 400.000 Menschen in und um Karlsruhe erreichen.
Die Verwaltung all der Anlagen und Kundinnen läuft im Karlsruher Westen zusammen, in der Zentrale der Stadtwerke. 1977 wurde das Gebäude errichtet, das jetzt wie viele Bauten dieser Generation eine Generalüberholung brauchte. Heißt: Energetische Sanierung, neues Innenraum- und Arbeitsplatzkonzept plus Dachaufbau mit Konferenzraum in passender Designsprache. Nettogrundrissfläche: 14.400 Quadratmeter. Umgesetzt haben das SCOPE Architekten (Stuttgart), die im letzten Jahr mit dem Sonderpreis des brandenburgischen Architekturpreises für ihr „Innovation Center“ in Potsdam ausgezeichnet wurden.
Was die Architekten vorfanden waren vier Etagen riesige Großraumbüros, so wie sie in den 70ern angelegt worden waren. Einzige räumliche Struktur boten stoffbezogene Stellwände, die um einzelne Sitzgruppen platziert waren. Funktional unzureichend, befanden Scope und gliederten die Arbeitsplätze für 550 Mitarbeiterinnen neu. Sie installierten sogenannte Raum-in-Raum-Körper, räumlich abgetrennt und farblich akzentuiert, für Besprechungen oder konzentriertes Arbeiten. Denn die Großraumbüros, ergänzt um großflächige Akustiksegel, blieben. Dazu kamen neue Konferenzräume und ein eigener Bereich für die Geschäftsführung.
Das Kundencenter im Erdgeschoss – Kundinnen können hier Fragen rund um Umzug, Rechnung sowie An- und Abmeldung loswerden – erhielt einen hellen Anstrich: Weißer, geschliffener Terrazzoboden, ein strukturgebendes Beleuchtungskonzept und grafische Muster, die an die polygonale Gebäudestruktur erinnern sollen. Der Raum, so die Formulierung der Architekten, stehe für ein dynamisches Unternehmen, das Zukunft gestaltet. Eine neue Freitreppe führt ins Untergeschoss, wo sich die Kantine für 280 Personen, Druckerei und Technik befinden.
Nach ganz oben, aufs Dach der Stadtwerke, gelangt man über den Bereich der Geschäftsleitung. Die Stahlskelettkonstruktion des Aufbaus nimmt die Form des Bestandsgebäudes auf, dessen silbrige Fassade durch großformatige Lamellen strukturiert wird. Drinnen: Ein nobler Sitzungssaal und ein Veranstaltungsraum mit grauem Teppichboden. Draußen liegt einem Karlsruhe zu Füßen. (kat)
Fotos: Zooey Braun
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Christian Richter | 25.07.2018 18:54 UhrSchön, aber angemessen?
Das Projekt ist architektonisch außerordentlich gelungen. Ob sich ein städtischer Versorger mit Super-Konferenzrum über der Stadt, gebogenen Glasscheiben im Bürbereich, etc. hier angemessen präsentiert, ziehe ich aber in Zweifel. Als Karlsruher würde ich die letzte Rechnung des Versorgers jetzt mit einigem Argwohn betrachten...