Die Stadt Ramat haScharon liegt etwa sechzehn Kilometer nordöstlich von Tel Aviv. Sie entstand aus einer 1923 von einer Handvoll polnischer Einwanderer gegründeten Siedlung und zählt heute mehr als 46.000 Einwohner. Mit vielen Gärten und Alleen ist sie ein bevorzugter Wohnort für Familien der oberen Mittelschicht. Für eine solche hat das in der benachbarten Stadt Herzlia ansässige israelische Büro Anderman Architects eine 300 Quadratmeter große Villa, die unmittelbar an die Bauhaus-Architektur in Tel Avivs Weißer Stadt denken lässt.
Der Neubau liegt am Stadtrand, wo der urbane Raum mehr und mehr zur Landschaft wird. Die Architekten gestalteten die beiden Hauptfassaden bewusst unterschiedlich: Auf der Gartenseite präsentiert sich das Wohnhaus leicht und offen, zur hinter ihm liegenden Siedlung nach Süden hin ist es auffällig geschlossen. Die Fensterflächen dieser Seite liegen geschützt vor der Sonneneinstrahlung einen Meter hinter einer Betonblende. Aus dieser wurden verschieden große zylindrische Öffnungen herausgebohrt, deren Anordnung fast wie eine Blindenschrift erscheint. Die Bohrkerne fanden im Garten sogleich eine neue Verwendung als Pflasterelemente.
Die durchlöcherte Wand soll als abstrakter Vorhang wirken: Sie lässt tagsüber die Außenwelt ins Gebäude durchblitzen, durch die Bohrungen kommt gedämpftes Tageslicht ins Haus. Bei Nacht schimmert hingegen die Innenbeleuchtung durch die Öffnungen und sorgt für ein allabendliches Lichtspiel zur Straße hin. Zur Gartenseite hingegen eröffnet ein breites Fensterband im Obergeschoss ein weites Panorama. Der weiße Betonkubus sitzt auf einem großflächig verglasten Erdgeschoss und wird durch eine den Raum bestimmende, auffällige Stahlstützenkonstruktion gehalten. Weitere tragende Säulen können so entfallen und die bodentiefen Fensterelemente lassen sich fast komplett und sogar über Eck aufschieben. Warum das gelungene Bauwerk den Beinamen Round Edge House trägt, erschließt sich allerdings nicht, denn abgerundete Ecken sucht man hier vergebens. (tl)
Fotos: Amit Geron
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STPH | 25.10.2019 10:07 Uhr...
überraschend wie leistungsfähig die horizontal umlaufenden Fenster der klassischen Moderne hier im OG sind. Unzerteilter Himmel bei Sichtschutz von unten.
Dahinter sollten wir nur in begründeten Fällen zurückfallen, etwa Altstadt, und dort auch nicht unbedingt.
Auch die ggf. Langeweile lässt sich mit funktionalem Wechsel bei Nebenräumen vermeiden.
Fassade nicht so wichtig nehmen und ihr schon garnichts opfern. Insofern richtet sich die ursprüngliche Moderne schon wieder gegen heutige Fassadenexzesse.