Nein, nicht nur Rem Koolhaas kann Rolltreppe – wie er hier, hier und hier unter Beweis stellt –, am liebsten freilich kühn im altehrwürdig-historischen Kontext. Auch im historischen Zentrum von Porto, immerhin UNESCO-Weltkulturerbe, kann man seit Neuestem ganz gediegen im Stand die Oberstadt erreichen. Geplant haben dies depA Architects mit Pablo Pita Architects, die Landschaftsarchitektur übernahm Hugo Carneiro (alle Porto). Die jüngst fertiggestellte Rolltreppe im Stadtviertel Miragaia ist aber kein Statement zur Kommerzialisierung innerstädtischen Raums, sondern ein erster Baustein eines urbanistischen Transformationsprogramms, das mit gezielten Eingriffen die Zugänglichkeit der Hügelstadt fördern soll.
Die Altstadt von Porto erstreckt sich entlang des Flusses Douro in Ost-West-Richtung und ist geprägt durch seine steile Topografie. Gut 100 Höhenmeter trennen die Oberstadt vom Fluss – für Manchen ein echtes Hindernis. Für eine stärkere Vernetzung der Stadtviertel haben die Architekt*innen einen kreisförmigen Fußgängerparcours entwickelt, der in einem Wettbewerb der Stadtverwaltung Porto mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde. Schrittweise erfolgt nun die Umsetzung. Integraler Bestandteil sind mehrere Rolltreppen und zwei Aufzüge. Es geht darum, die öffentlichen Verkehrsverbindungen besser zu verzahnen. Bisher müssen Busse nämlich weite Umwege in Kauf nehmen, um die oberen und unteren Teile der Stadt zu erschließen.
In Miragaia wurde im vergangenen Jahr die erste Rolltreppe – von den Architekt*innen als „mechanisierter Fußgängerweg“ bezeichnet – fertiggestellt, wo sie nun den Monte dos Judeus überwindet. Dafür haben die Architekt*innen eine schon existierende Steintreppe auf dem Hügel transformiert, die von einer bestehenden Wand aus dem 19. Jahrhundert strukturell unterstützt wird. Die Treppe ist in drei Abschnitte unterteilt, um flexibel auf den historischen Bestand reagieren zu können. Gleichzeitig gewährleistet dies außerdem Zugänge zu den „Zwischengeschossen“.
Nach dem anfänglichen Irritationsmoment fügt sich die Anlage dank der dezenten Einfassung durch graue Sichtbetonwände erstaunlich gut in den Kontext ein, ohne jedoch verschleiernd oder historisierend zu wirken. Die Steintreppe ist ebenfalls weiterhin nutzbar und wird nun von Blumenbeeten in den Zwischenplateaus begleitet, die den langen Aufstieg auflockern. So stellt sich die unorthodoxe Idee trotz der relativ begrenzten stadträumlichen Intervention als Bereicherung für Anwohner*innen und Tourist*innen gleichermaßen dar. Weitere Rolltreppen und Aufzüge sind für die Bereiche Palácio de Cristal und Passeio das Virtudes in Planung. (stu)
Fotos: José Campos
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STPH | 21.04.2021 12:50 Uhr@Peter
Schönes Spiel zwischen der Alternative Roll- und Treppe auch im Materialgegensatz was dann im Verhältnis die Gestaltung ist. Im Gebrauch und aus der Nähe wird das sich noch deutlicher gegen den umliegenden Gestaltungsmix durchsetzen.
Dieses Verhältnis zwischen verschiedenen Wegen ist dann wieder Scharouns Organik. Da reicht schon eine Säule im Weg und man hat zwei, ist frei ...in der Entscheidung, und wird zugleich Teil, weil man ja nur einen von beiden gehen kann. Das ist der Preis.