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15.01.2021

Selma! Selma!! Selma!!!

Stadtteilzentrum in Göteborg von White Arkitekter


Bislang ist der Stadtteil ganz im Norden Göteborgs unter dem Namen Backa bekannt. Das Viertel ist vor allem ein Wohngebiet, zum Großteil im Zuge des schwedischen Wohnungsbauprogramms zwischen 1965 und 1974 errichtet. Derzeit wird Backa umfassend saniert und erweitert – auch Göteborg wächst –, um künftig als Selma Stad, in Erinnerung an die Schriftstellerin Selma Lagerlöf, zu firmieren. Im Zentrum des neuen Viertels: das Selma Lagerlöf Center, ein gemischt genutztes Gebäude, Verwaltungssitz und Kulturzentrum in einem. Entworfen haben es White Arkitekter aus Göteborg.

Der 6.300 Quadratmeter große Bau soll an eine dreidimensionale Theaterbühne erinnern, mit wogenden, in diesem Fall aus Beton gefertigten Vorhängen als Fassade. Gegossener Wellbeton, der mit kupferfarbenen Metallbalkonen kontrastiert. Auftraggeberin ist die Stadt Göteborg, fertiggestellt wurde das Gebäude 2019. Neben städtischen Büros umfasst das Haus eine Bibliothek, ein Theater, ein Café und Restaurant, Besprechungsräume, Medienräume sowie Tanz- und Musiksäle. Man habe positive Reibung erzeugen wollen, so der leitende Architekt Mattias Lind, einen Ort, an dem sich Menschen begegnen. Tänzer*innen neben Theaterleuten, Seite an Seite mit Politiker*innen der Stadt.

Entsprechend vielfältig ist das Gebäude angelegt, die Räume sollen den ganzen Tag über verschiedensten Nutzer*innen zur Verfügung stehen. Ein zivilgesellschaftliches Zentrum, das aktiv zur Stadt beiträgt und den sozialen Zusammenhalt stärkt, so der Anspruch. Hierarchien soll es in dem Gebäude keine geben, weder bei Nutzungen noch Materialien. So gibt es kein Vorne und Hinten, keinen Haupt- und Hintereingang. Auch das Raumprogramm ist von außen nicht ablesbar. Innen sollen ein Sichtbetonrahmen, Betonfertigteilwände und -decken sowie polierte Betonböden als eine Art leere Leinwand begriffen werden, wünschen sich die Architekt*innen. Ein glasüberdachtes Atrium zieht sich durch das gesamte Gebäude mit Metalltreppen – auch hier in Kupfer – als farbiger Akzent.

Großen Wert legten White auf das Thema Kreislaufwirtschaft, zumindest was die Innenausstattung angeht. 92 Prozent der Möbel im Neubau sind nicht neu. Sie stammen von den sechs Organisationen, die hier eingezogen sind oder wurden gebraucht gekauft. Darüber hinaus wurden Second Hand-Möbel für den Bau der neuen Inneneinrichtung verwendet. „Wir wollten, dass die Menschen sehen können, dass die Möbel und Einrichtungsgegenstände ein früheres Leben hatten. Das Ergebnis ist eine Art Konfetti mit verschiedenen Formen und Farben“, so die leitende Innenarchitektin Annie Leonsson. Einzige Gemeinsamkeit ist ein „Selma-Etikett“, für alles, was recycelt wurde – insgesamt rund 3.000 Einrichtungsgegenstände. Eine Idee mit Spareffekt: Fast 70 Prozent, konkret 850.000 Euro, günstiger sei die Wiederwendung im Vergleich zur Neuanschaffung, heißt es.

Zwar habe das in diesem Fall mehr Projektmanagement, Kostenkontrolle und größeren logistischen Aufwand erfordert, um Möbel und Einrichtungsgegenstände zu finden, die nicht zu weit transportiert werden müssen. Aber Materialien als wiederverwendbare Rohstoffe zu betrachten, sei nicht nur eine Möglichkeit, Ressourcen zu sparen, sondern auch eine der effektivsten Maßnahmen, um den Klimawandel zu bremsen, so White. Das klappt vor allem dann, wenn ein zirkulärer Ansatz entsprechend frühzeitig im Entwurfsprozess verfolgt wird. (kat)

Fotos: Åke Eson Lindman, Jan Töve


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