Der Vater des französischen Diplomaten und Intellektuellen Stéphane Hessel, der Schriftsteller Franz Hessel, war einst Vorbild für den Jules aus Truffauts „Jules et Jim“, eine der berühmtesten Dreiecksgeschichten der Filmhistorie. Da passt es zumindest ein bisschen, dass nach Stéphane Hessel nun ein Neubau benannt wurde, der in jeder seiner drei Ecken mit einem anderen Programm aufwartet. JDS Architects (Kopenhagen, Brüssel) haben das Stadthaus entworfen, das im nordfranzösischen Lille steht und das heute eröffnet wird.
Die dreieckige Grundkonfiguration war durch das Grundstück im noch jungen Stadtteil Porte de Valenciennes vorgegeben und auch die Mischung aus Kindergarten, Jugendherberge und Bürogebäude stand bereits fest. Die Positionierung der Programme als sprichwörtliche Eckpunkte geht jedoch auf JDS zurück, die jeder der Institutionen eine eigenständige Wahrnehmbarkeit im Stadtraum geben wollten. Dabei kappen sie die Spitzen und klappen die Fassade nach oben, um das Maison Hessel mit einer einladenden Geste zum Straßenraum hin zu öffnen.
Die produktive Koexistenz der Nutzungen findet dabei insbesondere im Erdgeschoss statt, das zusammen mit dem zentralen Innenhof gemeinsam genutzt wird. Nur der Kindergarten ist aus Sicherheitsgründen als abgeschlossene Einheit konzipiert – als Ausgleich verfügt er dafür über tiefe Terrassen, die ebenfalls zur Mitte hin orientiert sind. Die Materialität des Gebäudes ist dabei zurückhaltend modern – Metallpaneele und Trapezbleche treffen auf Sichtbeton, viel Glas und hier und da etwas Signalfarbe.
Die Architekten sehen ihr Gebäude übrigens weniger als spannungsvolle Dreiecksbeziehung denn als eine Art gemächlichen Zyklus: Vom Baby in der Krippe über den Teenager auf großer Fahrt bis hin zum Erwachsenen im Arbeitsalltag – da fehlt eigentlich nur noch ein Altenheim. (sb)
Fotos: Julien Lanoo
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joscic | 26.02.2016 15:22 UhrAua
Bild 15 sieht sehr danach aus, als ob man sich den Kopf stoßen kann, wenn man die Treppe herunter geht. Ansonsten tun mir die Augen weh, wenn ich all die Schrägen sehe, besonders außen. Bauen nach dem Motto: warum einfach, wenn's auch kompliziert geht.