Man möchte sofort einen eigenen Preis für städtische Nachverdichtung initiieren, aber den hat das kleine Stadthaus im begehrten 7. Bezirk Wiens gar nicht mehr nötig. Denn der „Lückenfüller“, den PSLA Architekten (Wien) an eine Brandmauer im Innenhof eines Blocks an der Neubaugasse gesetzt haben, ist mittlerweile auf zahlreichen internationalen Nominierungs- und Preislisten vertreten. Aus gutem Grund.
Erstaunliche 7 mal 70 Meter misst die Fläche des Innenhofs hinter einem Gründerzeitbau, auf dem nun das Einfamilienhaus steht. Umgeben von Lager- und Werkstätten, die teils ihrerseits zu Wohnraum umfunktioniert wurden, sticht die unregelmäßig gestaffelte Struktur heraus. Der Neubau entstand anstelle eines ungenutzten Lagergebäudes, das weichen musste.
Die Architekt*innen sehen das Stadthaus als eine „grundlegende Re-Konfiguration architektonischer Typologien“ und beziehen nach eigenen Angaben das Nichtgebaute in das Gebäude ein. Für die „Mischform aus Garten und Haus“ arbeiteten sie mit einem Raster aus 20 quadratischen Feldern. Das eigentliche Haus erstreckt sich über eine Fläche von 4,6 Metern Breite und 24 Metern Länge. Unterschiedlich hoch und tief stapelt sich die kubische Grundform, wodurch eine Vielzahl an Außenwänden und Fenstern sowie Terrassenflächen entstanden.
Innen verschachteln sich die Räume ebenfalls in gewünschter Unregelmäßigkeit. Das Spiel mit der divergierenden Höhe setzt sich auch dort fort. Der formal dreigeschossige Bau umfasst durch Splitlevel und Lufträume insgesamt 11 Ebenen und 16 verschiedene Raumhöhen zwischen 2,1 und rund 6 Metern.
Auf 165 Quadratmetern Nutzfläche verteilen sich Arbeits- und Wohnbereich im Erdgeschoss, Kinder- und Spielzimmer im ersten sowie das Elternschlafzimmer im zweiten Obergeschoss. In der Vertikalen ziehen sich ein Bäder- und Treppenkern durch. Außen verbinden Treppen die Terrassen, die an der Ostseite in einen kleinen Garten münden.
Trotz der engen Baustellensituation seien alle Bäume auf dem Grundstück erhalten geblieben, schreiben die Architekt*innen. Der gemeinschaftlich genutzte Innenhof wurde entsiegelt. Hier gibt es nun eine versickerungsfähige Pflasterung und Beete. Retentionsdächer und begrünte Dachterrassenflächen sowie die vertikale Begrünung der frei gebliebenen Brandmauerpartien ergänzen die Kompensationsmaßnahmen im Innenhof.
Die hybride Konstruktion ist zur offenen Südseite hin in Stahlbeton und zur Mauer in Ziegelbauweise ausgeführt. Die Hälfte der Wandflächen sowie die Deckenuntersichten sind aus Sichtbeton, dazu kommen Gipsputz, Einbaumöbel aus Holz und eine schwarze Stahltreppe. Schmale Wand- und Deckenstärken sowie die feinen, flächenbündigen Anschlüsse an die allgegenwärtige, großformatige Verglasung generieren viel Raum auf wenig Fläche. Lediglich in den Rücksprüngen oder nach Osten lassen sich Fenster oder Terrassentüren öffnen.
Auf mehr als ein Drittel des genehmigten Bauvolumens sei verzichtet worden, „zugunsten einer verträglichen Maßstäblichkeit und einer Grüngestaltung der Terrassen im Hof“, berichten die Planer*innen. Der Verzicht ist ein echter Gewinn in dieser verdichteten Innenstadtlage. (sab)
Fotos: Simone Bossi, Lukas Schaller
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