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27.06.2024
Gestapelte Enfiladen
Stadthaus in Kirchheim unter Teck von mehr* architekten
Schon in unserer Shortlist 2023 berichteten mehr* architekten aus dem schwäbischen Kirchheim unter Teck, dass sie für das dortige Stadtentwicklungsgebiet Steingauquartier mehrere kleine Bauprojekte beisteuern dürfen. Neben einem Wohnhaus für eine Baugruppe und einem urbanen Einfamilienhaus ist nun auch das dritte Gebäude fertiggestellt. Man hätte meinen können, viel kleiner und effizienter kann man nicht werden. Aber man kann.
Dieses Mal bebauten die Architekt*innen ein Restgrundstück auf 4,5 mal 12,5 Metern am kurzen Ende eines L-förmigen Blocks, das nun einer vierköpfigen Familie als neues Zuhause dient. Die Parzellen wurden über eine Bewerbung mit anschließendem Vergabeverfahren festgelegt und vergeben. Im Süden hat die schmale Miniatur ein Mehrfamilienhaus im Rücken, nördlich verläuft ein Durchgang zwischen zwei Innenhöfen. Das Haus steht also abseits der Straße und ist nur zu Fuß erreichbar. Da sich die einzelnen Blöcke das Untergeschoss mit Tiefgarage teilen, bedurfte es keiner eigenen Gründung.
Auf die schmale Grundfläche stapeln sich auf drei Ebenen jeweils drei gleich große Räume mit 16 Quadratmetern Fläche und 3,1 Metern Höhe. Sie werden von der Mitte erschlossen und ergeben im Quer- und Längsschnitt ein regelmäßiges Raster. Lediglich im Erd- und 2. Obergeschoss ergänzen schmale Bäder den mittleren Erschließungskern. Mit Bezug zu Elementen der Gründerzeitarchitektur entstehe im Kirchheimer Haus „die Raumstruktur einer Enfilade, welche die Räume mit direkten Durchgängen verbindet“, so mehr*. Diese Aufteilung ermögliche neutrale, funktionsflexible Räume. Die mittlere Ebene ist derzeit dem Kochen, Wohnen und Essen gewidmet, das Erdgeschoss bietet unter anderem Platz für einen Atelierraum. Einzig ein kleiner Anbau ragt dort aus der klaren Aufteilung und Kubatur. Dieser ist als Abstellraum für Fahrräder, Müll und Kinderspielsachen gedacht.
Das Gebäude schließt mit einer Dachterrasse ab, die sich hinter einer erweiterten, leicht rückgestuften Attika in Sichtbeton verbirgt. Dieses krönende Element, das auch von einem markanten Wasserspeier und zwei runden Gucklöchern geprägt ist, spiele auf klassische Dachgesimse mit Giebelfenster an, wie die Architekt*innen erklären. Die Fassade ist ansonsten gänzlich mit einem groben Kratzputz versehen, der aufgrund seiner Stärke ohne Farbbeschichtung oder Schutzschicht auskommt und somit verwittern darf. Dunkelgrüne Holz-Alu-Fenster bilden hierzu einen Kontrast. Fenstersimse aus Betonfertigteilen und ein Welldach aus Faserzementplatten am Anbau ergänzen das Bild.
Die Wände bestehen aus Ziegelmauerwerk, das innen lediglich mit einem dünnen Kalk-Schlemmputz bedeckt ist. Zur unaufdringlichen Materialcollage gehören zudem Decken und Treppen aus Sichtbeton, Türen, Geländer und Trennwände aus hell lasiertem Fichtenholz und grüne Badfliesen. Die Bodenbeläge ändern sich mit jeder Ebene und reichen von einem Zementestrich im Erdgeschoss über Dielen aus Fichte im Wohngeschoss bis zu hellgrünem Linoleum in der Schlafetage. (sab)
Fotos: Sebastian Schels
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