Allerorten werden Kirchenbauten umgebaut oder neuen Nutzungen angepasst. Im Falle der denkmalgeschützten Kirche St. Georg im oberbayerischen Hebertshausen geschah dies auf sehr umfangreiche Art und Weise. Denn die Veränderungen in der vier Kilometer von Dachau entfernten Gemeinde bezogen sich nicht nur auf die Sanierung der 900 Jahre alten Kirche und die Neugestaltung von Altar und Fenstern, wie es Heim Kuntscher Architekten und Stadtplaner (München) anderswo bereits mehrfach gezeigt haben. Sie umfassten auch die Sicherung einer Hangkante samt Friedhofsmauer, die landschaftsplanerische Neuordnung des Umfelds und die Neueinrichtung einer Aussegnungshalle. Das Projekt „Georgskirche Hebertshausen“ dauerte ganze zehn Jahre und nun, da alles fertig ist, darf man sagen, dass der Förderverein, die Kirchengemeinde und die politischen Verantwortlichen gut zusammengearbeitet haben.
1293 erstmals urkundlich erwähnt, wurde die Kirche St. Georg als spätromanischer Saalbau mehrmals umgebaut. Seit den 1960er Jahren, nachdem eine neue, größere Pfarrkirche errichtet wurde, dient sie als Friedhofskirche. Zuletzt wies sie zahlreiche Bauschäden auf. Außerdem hatte die politische Gemeinde Hebertshausen aus Platzgründen außerhalb des Orts eine Friedhofserweiterung geschaffen, jedoch ohne Aussegnungshalle. So war klar, dass die beiden Kirchen und die beiden Friedhöfe im Kontext der ganzen Gemeinde betrachtet werden mussten. Der Wunsch nach einem neutralen Raum für Trauerfeiern führte schließlich dazu, die Gesamtsituation neu zu ordnen. Heim Kuntscher schlugen vor, die fehlende Aussegnungshalle am alten Friedhof zu errichten und damit den historischen Standort zu stärken.
Für die Aussegnungshalle wurde das Leichenhaus aus den 1930er Jahren am Rand des alten Friedhofs entkernt und ihr Raum nach oben zum Dach geöffnet. Umlaufend kleidete man ihn mit schwarz-grau lasiertem Holz aus, das sich vor den Fenstern jeweils wandhoch aufklappen lässt. So können Licht und Stimmung für die persönliche Abschiednahme moduliert werden. Zugleich verweist das Türmotiv der Klappläden auf den Übergang in eine andere Welt. Religionsneutrale Trauerfeiern sind hier möglich.
Um die Bedeutung von St. Georg als Friedhofskirche zu stärken, erhielt sie einen neuen Eingang an der Westseite und damit besseren Zugang für behinderte und alte Menschen. Auch ein würdiger Transport des Sarges wird so möglich. Der neue Boden steigt nun vom Westeingang allmählich in Richtung Chor an, sodass nur noch zwei Stufen verbleiben und die Treppe, die Chorraum und Altar vom Langhaus trennte, wegfällt. Die Freskenreste an der südlichen Innenwand, die vermutlich aus dem 13. Jahrhundert stammen, ließen darauf schließen, dass ursprünglich alle Wände und die Decke farbig gefasst waren. So entstand die Idee, dem Raum seine Polychromie durch neue, farbige Kirchenfenster zurückzugeben.
Während die Öffnungen im Chorraum mit Weißglas bestückt sind, entwickelte der Münchner Künstler Jerry Zeniuk für die acht Fenster des Langhauses eine feinsinnige Farbkomposition, indem er die Grundfarben in unterschiedlichen Nuancen variierte und bei einer der Scheiben jeweils mit dem Komplementärton kontrastierte. Verlauf und Intensität der Farbe entstehen hierbei nicht durch das Aufbringen und Einbrennen, sondern durch die stufenweise Wegnahme der vorhandenen Farbschicht. Der jeweils farbkräftigste Teil einer Scheibe muss durch entsprechende Abdeckung geschützt werden. Der wässrige Auftrag der Flusssäure lässt den Pinselduktus verschwinden und generiert feinste, fließende Farbnuancen. Zur Sicherung der Kunstverglasung wurden auf Ebene der alten Bleifenster Schutzelemente aus maschinengezogenem Goetheglas eingesetzt. (fm)
Fotos: Florian Holzherr
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gerard | 01.04.2021 17:55 Uhrweiss und glas
... das gebaeude ist wohl aus versehen komplett in den topf mit weisser farbe gefallen? daher die farbfenster?
glas: die aetztechnick mit farbverlauf ist nicht neu, machen viele kuenstler, sofern das budget reicht. trotzdem schoen!