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12.10.2017

Zeitgenössische Rotunde

St.Wenceslas Kirche in Sazovice


Im Herzen eines kleinen Dorfs in der Tschechischen Republik hat das Büro Atelier Štěpán (Brno) eine moderne Version der mährischen Sakralarchitektur gestaltet. Schon vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wünschten sich die Einwohner von Sazovice eine neue Kirche; in diesem Jahr wurde dieser Wunsch endlich erfüllt. Das Projekt hat zwei hauptsächliche Referenzen: die romanisch-mährische Architektur der Rotunde aus dem 10. Jahrhundert und die St. Wenceslas Kapelle im Prager Veitsdom, die ursprünglich ebenfalls die Form einer Rotunde hatte und erst während der gotischen Zeit als eine quadratische Kapelle wieder aufgebaut wurde. Die Architekten zogen gedanklich einen Kreis um den Grundriss der Kapelle, um die neue Kirche mit identischen Proportionen entwerfen zu können.

Die neue Kirche St. Wenceslas in Sazovice teilt mit seinem historischen Vorbild nicht nur formale, sondern auch symbolische Elemente: das Gebäude beherbergt in seinem Altar einige Reliquien und das Fenster dahinter zeigt in die Richtung des Prager Doms. Die Architekten möchten so ihren Entwurfs legitimieren, „der nur mithilfe einer höheren Gewalt geschaffen werden könnte“.

Das Gebäude aus Beton und Ziegel möchte ein Gefühl der Leichtigkeit erzeugen; Marek Štěpán erklärt, die Kirche solle als helle und abstrakte Skulptur wirken. Trotz der Dicke der Wände evoziert die Architektur einen papierenen Ring, der eingeschnitten und gefaltet wurde, um den Raum vom einfallenden Sonnenlicht erleuchten zu lassen. Im Unterschied zum kuppelförmigen Dach der traditionellen Rotunden, besteht das geneigte Dach des Neubaus aus einem planen Holzgitter. Im Zentrum – über dem Altar – gibt es eine dreieckige Öffnung, durch die als symbolische Geste direktes Licht einfällt.

Das Innere ist minimalistisch: Altar und Kanzel sind als goldene, plastische Elemente die einzigen Ornamente neben den feinen Wanddekorationen. Im  Informationsüberfluss der zeitgenössischen Gesellschaft wollen die Architekten so eine Oase der Ruhe und Stille schaffen. Die Menschen sollen die Gegenwart des Göttliches durch das Volumen der Kirche wahrnehmen, bewusst oder unbewusst; nach Atelier Štěpán soll die Architektur auf den menschlichen Geist einwirken.

Text: Marta Busnelli

Fotos: Atelier Štěpán


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