Wie ein kleiner Berg erhebt sich das Sportzentrum
Centre Sportif Poissonnier im 18. Arrondissement von Paris neben den verzweigten Gleisanlagen des Gare du Nord. Während unten geturnt wird, kann man vom begehbaren Dach aus den Blick gen Westen weit über die urbane Landschaft rund um das Bahnareal schweifen lassen. Auf der Ostseite hingegen schaut man ins Grüne, genauer gesagt auf den kleinen Park Jardin des Poissonniers. Entworfen hat den Sportkomplex das im Pariser Vorort Montreuil ansässige Büro
archi5, das unter anderem auch für das 2014 fertiggestellte
Stadion in Toulon verantwortlich zeichnete. Vorausgegangen war ein Wettbewerbsgewinn 2016. Als Bauherrin trat die Stadt Paris auf, die Baukosten lagen bei 8,2 Millionen Euro.
Das 2.595 Quadratmeter große, langgezogene Volumen beherbergt neben einer großen Sporthalle mehrere kleinere Gymnastikräume sowie multifunktional nutzbare Flächen. Während es nach Süden sehr kompakt auftritt und mit klarer Kante schließt, fällt es nach Norden terrassenförmig ab und geht fast nahtlos in den anschließenden Park über. Vertikal angeordnete Holzlatten prägen sowohl das Äußere als auch das Innere des Baukörpers. Über große Verglasungen öffnet er sich an der westlichen Fassade zur Stadt, sodass der hier liegende Eingangsbereich mit doppelter Höhe von Tageslicht geflutet wird. Die Turnhalle verfügt über Obergaden, in den Gymnastikräumen moduliert eine unterschiedlich hohe Holzverkleidung vor den Fenstern den Lichteinfall.
Von außen betrachtet nimmt das Gebäude Züge einer Landschaft an. Ihr Faible für eine derartige Gestaltung haben archi5 bereits in
früheren Projekten gezeigt. Beim aktuellen Projekt führen nun großzügige Treppen in weitem Bogen auf das begehbare Dach. Dieser Bereich ist offen zugänglich und eignet sich somit auch als Joggingparcours. Bei der Wahl der Bepflanzung wurde das Bergmotiv weitergeführt: Unten grünt es üppig und dicht, mit zunehmender Höhe wird es karger.
Ein kleines Holzhaus krönt die Kuppe des neuen „Hügels“. Den Architekt*innen zufolge handelt es sich dabei um eine Farm, denn bald soll hier Urban Gardening betrieben werden und damit auch ein neuer Erholungsort für die Nachbarschaft entstehen. Porosität sei ein wichtiger Aspekt ihres Entwurfs, erklären archi5 weiter. Damit meinen sie die Durchlässigkeit und Durchdringung verschiedener Nutzungen am und im Gebäude: Sport, Gemüseanbau, spazieren, picknicken, sich miteinander treffen – hier soll vieles möglich werden.
(da)
Fotos: Sergio Grazia
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von sand | 26.11.2020 08:36 Uhrporös bleiben!
eure fotos haben mich neugierig gemacht. ein lageplan und ein schnitt wären als ergänzung gut gewesen. meine berliner "bauherrren" haben immer angst, wenn man private und öffentliche räume überlagern möchte. ein projekt wie hier wirkt für mich zunächst mutig und dann wirklich interessant, wenn das versprechen eingelöst ist (und bleibt!), dass das gebäude als extudierte stadtoberflöche öffentlich genutzt werden darf. von allen, jederzeit und ohne anmeldung.
in paris gibt es ja eine gewisse tradition von projekten mit diesem anspruch, bei vieln findet man - nach wenigen jahren schon leider zäune und barrieren, die die starken ideen einer durchmischung des städtischen raums programmatisch und ästhetisch zerstören (oscar niemeyers parteizentrale der kommunistischen partei und potzamparcs haute formes seien nur stellvertretend genannt; perraults fragwürdige natiolanbibliothek hingegen schafft dies (noch?)).
ob und wie diese von arch5 proklamierte porösität eingelöst ist, werde ich mir in den nächsten tagen anschauen. ich bin neugierig auf dieses spannende experimentierstück und werde hier berichten ...
bis auf wideruf: CHAPEAU!