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05.09.2006

Keine Nummer kleiner

Spatenstich in Berlin-Schönefeld - mit Kommentar


Nach 14 Jahren Planung und Streit beginnen am 5. September 2006 um 13 Uhr die umfangreichen Bauarbeiten für den Großflughafen „Berlin Brandenburg International“ (BBI) am Standort Schönefeld. Der Bau wird als das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands bezeichnet. Der Architekturentwurf stammt von gmp (von Gerkan, Marg und Partner) und J.S.K (Berlin), die den Auftrag 1999 ohne Wettbewerb erhalten hatten (siehe BauNetz-Meldung vom 1. 4. 1999). Für die Planung des Neubaus ist die pg bbi verantwortlich, die Planungsgemeinschaft Flughafen Berlin Brandenburg International bestehend aus J. S. K. International Architekten und Ingenieure GmbH, gmp Generalplanungsgesellschaft mbH und IGK-IGR Ingenieurgesellschaft Kruck mbH (alle Berlin).


Kommentar der Redaktion

Ursprünglich hätte BBI bereits in Betrieb sein sollen. Doch dass Großprojekte wie Flughäfen in einem demokratischen Rechtsstaat immer viel länger dauern als geplant, weiß man nicht erst seit München II im Erdinger Moos. Dieser ist in Betrieb, funktioniert und ist unlängst um ein weiteres Terminal erweitert worden. Die Münchener haben sich an die weite Entfernung ihres Airports von der Innenstadt gewöhnt, obwohl die Taxen teuer und die S-Bahnen langsam sind. Doch viele Fluggäste in München müssen den Flughafen gar nicht zur Landseite hin verlassen: Sie sind Umsteiger. Neben Frankfurt ist München zum zweiten deutschen Drehkreuz (Hub) geworden. Die Experten sind sich einig: Einen dritten Hub braucht Deutschland nicht, und einen solchen wird es auch nicht geben.

Aber gerade der Hoffnung auf die Hub-Funktion verdankt die BBI-Planung in ihrer aktuellen Form ihre Existenz. Seitdem dieser Traum ausgeträumt ist, gibt niemand zu, dass es auch eine Nummer kleiner gehen könnte. Schönefeld muss um jeden Preis mit der Planung von 1999 durchgezogen werden, weil das Bauvorhaben sonst juristisch neu aufgerollt werden könnte.

So haben vernünftige Vorschläge, Maß zu halten, keine Chance. Der charmante „Brunnert-Plan“, die innerstädtischen Anlagen von Tempelhof zum vorgelagerten Check-In-Schalter für Schönefeld umzubauen (und diesen in einem Stufenplan bedarfsgerecht schrittweise auszubauen) wurde ebenso abgeschmettert (BauNetz-Meldung vom 16. 11. 2004 mit Kommentar) wie das Bemühen, Tempelhof wenigstens für den Geschäfts- und Privatverkehr offenzuhalten. Während der Fußball-WM hatte Tempelhof seine letzte Glanzstunde, nun wird ein funktionierender City-Airport, um den Berlin von anderen Metropolen beneidet wird, auf Kosten der Steuerzahler weggeschmissen. Alles nur, damit BBI überhaupt auf nennenswerte Passagierzahlen kommt.

Eine frappante Parallele gab es erst kürzlich mit der Einweihung des ebenfalls überdimensionierten Berliner Hauptbahnhofs: Hier wurde der beliebte und verkehrsgünstig gelegene Bahnhof Zoo für den Fernverkehr geschlossen, damit die Läden am neuen Hauptbahnhof genügend Kunden bekommen. Verkehrspolitik mit Argumenten des Center-Marketing!

Nicht nur deswegen gibt es ein Unbehagen am neuen Flughafen Schönefeld, sondern auch aus baukulturellen Gründen. Warum es in 14 Jahren Planungsgeschichte nicht möglich gewesen sein soll, einen Architekturwettbewerb unterzubringen, wird niemand plausibel erklären können. Von Gerkan und Marg, die Nutznießer dieses Versäumnisses, sind Ende der sechziger Jahre zum Auftrag für ihren Erstling, dem viel gelobten Flughafen Tegel, jedenfalls mittels eines Wettbewerbs gekommen. Aber die Zeiten haben sich halt geändert.

Benedikt Hotze


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