RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Sozialer_Wohnungsbau_in_Paris_4350545.html

18.05.2015

Zurück zur Meldung

Veritable Schaufassade

Sozialer Wohnungsbau in Paris


Meldung einblenden

In Paris ist es ein traditionelles Arbeiterviertel. Weit ab von Champs-Élysées und Louvre liegt das 19. Arrondissement am Canal de l’Ourcq und den alten Schlachthöfen am Parc de la Villette. Auch das verruchte Belleville gehört zum Bezirk, in dem die Aufstände der Pariser Kommune 1870/71 aufkeimten. Ein Stück bedeutende Geschichte des Proletariats verbirgt sich also hinter der Adresse Passage de Melun, wo das Büro Gaëtan Le Penhuel einen Block mit Sozialwohnungen errichtet hat.

Die Bezeichnung Passage macht es bereits deutlich: Hier ist nicht viel Platz. 30 Meter lang und zwölf Meter tief ist das Grundstück, auf dem die Pariser Architekten 15 Wohneinheiten unterbringen. Den Hof müssen sich die Bewohner mit denen des angrenzenden Grundstücks teilen. Dennoch soll es hier nicht nur kollektiv, sondern auch exklusiv zugehen. Den Bewohnern der oberen Stockwerke wird eine Rarität zugestanden: der Blick auf den Eiffelturm.

Turm im Blick, Turm als Bau – ihren Wohnblock haben die Architekten in zwei „Turmbauten“, so ihre Bezeichnung, aufgeteilt. Als breite und als schmale Variante wachsen die zwei Volumina aus einem offenen Sockelgeschoss mit kräftigen Betonpfeilern über sechs Etagenniveaus heraus. Abgestuft enden die Türme in den oberen Stockwerken und bilden gleichsam die Fläche für eine Dachterrasse. Über einen Brückenbalkon sind beide Einheiten miteinander verbunden, ein kleiner Garten ist zwischen den Türmen angelegt.

Ist das Sockelgeschoss zur Passage über eine Glasfront verschlossen, haben die Architekten es zum Hof hin geöffnet. Auch die Fassadengestaltung der darüberliegenden Stockwerke unterscheidet sich. Im Gegensatz zum simplen Verputz der Gartenfront inszeniert Gaëtan Le Penhuel zur Straße eine veritable Schauseite: vergoldete Paneele aus Aluminium verkleiden den Betonkern ihres Wohnbaus.

Die klar komponierte Fassade mit in sich versetztem Fensterraster wird über scharf herausstechende Rahmungen der Fenster nochmals rhythmisiert. Punktöffnungen im Aluminium zieren das Gold in den oberen Stockwerken. Garten, Turmbau, goldene Hülle – nach sozialem Wohnungsbau klingt die Summe dieser Motive nicht, vielmehr erinnert sie an eine Pariser Noblesse, die historisch weit vor dem Proletariat im 19. Arrondissement liegt. (sj)

Fotos:
Sergio Grazia


Auf Karte zeigen:
Google Maps


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Oli | 21.05.2015 16:23 Uhr

da beisst sich die Katze in den Schwanz

Dass in Frankreich die Qualität der Produkte geringer, die das Wohl der Bewohner schützenden Vorschriften (Brandschutz, Schallschutz, etc.) rarer und die Wohnfläche pro Person erheblich kleiner sind, sei jetzt mal Nebensache. Dass stattdessen mehr in Fassade und meinetwegen Gestaltung investiert wird, sei jetzt ebenso mal Nebensache.
Der Unterschied, liebe Mitleser, zu Deutschland ist das geringere Bedürfnis am Jammern.

4

julian | 19.05.2015 23:57 Uhr

parigi

tja, wenn bei uns der soziale wohnungsbau die selbe qualität hätte wie hier gezeigt, wären wir genauso pleite wie die...

3

Marx | 19.05.2015 12:05 Uhr

Armutszeugnis

Alternativvorschlag zur Bezeichnungsfindung:
Kapitalismus - Gewinn wird maximiert, d.h. alles darf nur so teuer wie nötig sein und was darüber hinaus geht, also nicht den gewünschten Profit abwirft, fällt "hinten runter". Das ist ja in den boomenden Städten (beispielsweise Berlin, München) am sozialen Wohnungbau gut zu sehen. Er würde dringend gebraucht, wird aber nicht umgesetzt. Von "chic" mal noch gar nicht zu reden. Nicht umsonst leben wir in einem Land, wo "Gutmensch" ein Schimpfwort ist.

2

mehmet | 19.05.2015 11:20 Uhr

@designer

...ja, völlig richtig. das poste ich hier schon seit jahren!
mir ist schleierhaft wie in den ländern, die in den news immer auf der kippe stehen, das alles möglich ist.

top-kitas in portugal, jugendcenter deluxe in spanien etc.

und bei der asbest-schule meines sohnes in berlin hat neulich ein fenster fast zwei jungs erschlagen....

go figure...

1

Designer | 19.05.2015 10:32 Uhr

Style

Das kann doch wieder mal nicht wahr sein. Was in Paris Sozialer Wohnungsbau sein kann kriegt man in Deutschland noch nicht mal beim Luxusquartier hin.

Und das wo Dt. doch die momentan stärkste Wirtschaftsmacht in Europa ist. Wie könnte man das nennen? Mir fällt da die Bezeichnung "Armutszeugnis" ein. Gegenvorschläge?

 
Mein Kommentar
Name*:
Betreff*:
Kommentar*:
E-Mail*:

(wird nicht veröffentlicht)

Zur Durchführung dieses Service werden Ihre Daten gespeichert. Sie werden nicht an Dritte weitergegeben! Näheres erläutern die Hinweise zum Datenschutz.


Die Eingabe einer E-Mail-Adresse ist zwingend, um einen Kommentar veröffentlichen zu können. Die E-Mail ist jedoch nur durch die Redaktion einsehbar und wird nicht veröffentlicht!


Ihre Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.




Alle Meldungen

<

19.05.2015

City as Project

Internationale Konferenz in Berlin

18.05.2015

Regionalismus am Bergfuß

Resortlandschaft in China

>
baunetz CAMPUS
Learning from Grabs
baunetz interior|design
Große Freiheit auf kleiner Fläche
Baunetz Architekt*innen
KRESINGS
Stellenmarkt
Neue Perspektive?