Jaja. Einzelne Häuser aufeinander zu stapeln ist derzeit ziemlich
trendy, insbesondere in Asien. Allerdings handelt es sich bei diesem Projekt hier sicher nicht um eine billige Kopie von Herzog & de Meurons
Vitra-Haus, eher um dessen genaues Gegenteil. Denn der Häuserturm, der jetzt vom Berliner
Raumlabor an die Anwohner in Anyang (Korea) übergeben wurde, ist eine öffentliche Hausskulptur, partizipativ gestaltet und errichtet – und für eine gemeinschaftliche Nutzung und Gestaltung vorgesehen.
Diesen Sommer fand im koreanischen Anyang das dritte Festival für „öffentliche Kunst“ statt, das A
PAP Anyang Public Art Project. Der Kurator Kyong Park hatte das Ereignis unter das Motto „A New Community in the Open City“ gestellt. Die Kunstinstallationen und -projekte wurden dabei nicht an einem Punkt in der Stadt konzentriert, sondern über die öffentlichen Räume verteilt. Um aber trotzdem ein Zentrum für das dezentrale Festival zu schaffen, wurden in einem Park drei Gebäude realisiert: Der „Open Pavilion“ von MASS Studies (Seoul), die „Open School“ von Lot-Ek (New York, siehe
BauNetz-Meldung vom 6. August) und eben dieses „Open House“ von
raumlaborkorea, einem Netzwerk von Raumlabor (Berlin), Collective Terrain (Seoul) und den Anwohnern des Parks.
Das
Open House ist ein Gebilde aus einer Stahlstruktur, an der auf fünf Ebenen 20 kleine Ur-Häuser (inkl. Satteldach) befestigt sind. Mit den Freiflächen, die sich vor den Häusern auf den Terrassen bilden, wirkt die Struktur in der Tat wie ein vertikales Dorf, als das es die Architekten beschreiben. Interessant ist aber die Entstehungsgeschichte dieses Gebäudes, denn von den Architekten wurde lediglich das Grundkonzept vorgestellt. Die Stahlstruktur und ein erstes Haus wurden errichtet, dann wurden die Anwohner der umliegenden Stadtviertel zu Workshops eingeladen, in denen die Idee weiter entwickelt wurde.
Gemeinsam wurden die Planungen über die genaue Anzahl der Häuser entwickelt, Anwohner übernahmen die Patenschaft für gewisse Nutzungen, schließlich beteiligten sich unter Anleitung eines Tischlers aus Seoul knapp 200 Menschen an dem Bau der Häuser und deren Ausstattung.
Die Häuser wurden „ebenerdig“ gebaut und dann von einem Kran auf die stabile Stahlkonstruktion gesetzt.Die Gestaltung lehnt sich dabei an vorhandene Elemente im Park an. Die Plattformen schreiben die Struktur der großen Pflanzenkübel aus Waschbeton fort, die dort aufgestellt sind und die Form der Häuser bezieht sich auf die kleinen Tee-Pavillons, die im Park eifrig als Treffpunkte insbesondere von älteren Menschen genutzt werden. „Als erstes haben wir ein ‚Business Center‘ eingerichtet“, erzählt Matthias Rick, „in dem sich die Menschen über die Möglichkeiten dieser Kleinsthäuser informieren konnten. Während draußen schon die ersten gebaut wurden, saßen drinnen Anwohner an einem Tisch und entwickelten laufend neue Ideen für weitere Häuser.“
„Open House ist auch Architektur, es ist ein städtischer Prototyp, der eine öffentliche Nutzung der öffentlichen Räume in Anyang anregen soll. Open House ist eine soziale Skulptur, der Generator eines neuen Form von kollektivem Sozialraum.“ Tatsächlich scheint das Gebäude eine Initialzündung in der Gegend gegeben zu haben. Auch jetzt, nach Ende des Kunstfestivals, kümmern sich Anwohner um die Nutzung der Häuser, das Gebäude ist zu einem Treffpunkt und Zentrum geworden. Hier finden sich unter anderem eine Bar, ein offener Tee-Pavillon, eine Werkstatt, ein gemeinschaftlich betriebenes Gewächshaus, ein Kaninchenstall und im obersten Haus ein kleiner Ausstellungsraum. Nur eines der Häuser ist leer geblieben. Nicht dass es nicht weitere Interessenten gegeben hätte – das „Musterhaus“ soll die Fantasie der Besucher anregen, was sie sich in ihm vorstellen könnten.
Matthias Rick: „Als wir nun abgereist sind, kamen die Anwohner und baten uns, noch zu bleiben. Sie fragten, wie es denn nun weitergehen solle. Also haben wir Aushänge gemacht, dass diese Häuser für alle da sind, aber die Gemeinschaft muss sich darum kümmern. Die Funktionen und die Nutzungen leben vom kollektiven Diskurs. Wir waren die Moderatoren, nun soll es selbstverwaltet weiter gehen, und wir sind selbst gespannt, ob das funktioniert. Derzeit gibt es einen sehr engagierten Anwohner, der so etwas ähnliches wie eine Hausmeisterrolle übernommen hat.“
Deswegen hatte Raumlabor sich auch für Holz als Material ausgesprochen, denn wenn sich die Gemeinschaft nicht um das Open House kümmert, dann wird es verfallen. Es könnte sich also um temporäre Architektur handeln – es könnte aber auch der Beginn eines sehr nachhaltigen Gebäudes sein.
Zum Thema:
Weitere Bilder und Videos zum Konstruktionsprozess im raumlaborkorea-Blog
Download der Baunetzwoche#159 „Acting in public – Raumlabor Berlin”
Baunetz Wissen: Objektbericht über das Küchenmonument von Raumlabor
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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kindl | 11.11.2010 20:11 Uhrsooooooo
lecker!!! mehr!!!