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02.11.2017

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New Yorker Postmoderne gefährdet

Snøhetta planen Umbau von Philip Johnsons AT&T Building


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Kommentar von Gregor Harbusch

Es klingt wie eine alltägliche Meldung: Snøhetta aus Oslo bauen das Hochhaus 550 Madison in New York um. Eine „lebendige, transparente Straßenfront“ soll das Haus bekommen, schreiben die Architekten. Die veröffentlichten Visualisierungen zeigen eine mehrere Geschosse hohe, gewellte Glasfassade, die den Blick in das Gebäude lenkt. Vielleicht kein Höhepunkt der Baukunst, eher Routine in Manhatten, wo permanent abgerissen, gebaut und verändert wird, um Häuser der wirtschaftlichen Logik von Aufmerksamkeit durch Neuheiten anzupassen.
 
Doch hinter dem Namen 550 Madison verbirgt sich nichts Geringeres als eine Ikone der Postmoderne: das AT&T-Building von Philip Johnson und John Burgee. 1979 entworfen und fünf Jahre später eröffnet, wurde das Hochhaus mit dem Steildach und dem gesprengten Giebel weltbekannt. Seit vergangenem Jahr hat das Hochhaus neue Eigentümer, die Snøhetta mit einer Modernisierung beauftragt haben.
 
Ein wichtiger Teil der geplanten Modernisierung ist die Reaktivierung der Straßenfront. Das ist sicherlich ein relevantes Ziel, doch die architektonischen Mittel scheinen mehr als fragwürdig. Immerhin geht es hier um ein bedeutendes Baudenkmal, auch wenn das Haus nicht unter Denkmalschutz steht. Snøhettas Vorschläge entsprechen einem Zeitgeist, der die gravitätische Schwere und klassisch geordnete Geschlossenheit des Hochhauses ablehnt – zu Gunsten von Transparenz. So richtig diese Haltung prinzipiell ist, sie missachtet im konkreten Fall die historische Relevanz des postmodernen Entwurfes, dem es gerade nicht um Transparenz ging, sondern um eine monumentale Präsenz des Hauses im Straßenraum.
 
Hinzu kommt, dass das Haus bereits wenige Jahre nach Fertigstellung von Charles Gwathmey umgebaut wurde. Nur die zentrale Arkade entspricht dem ursprünglichen Zustand der Hauptfassade. Die je drei Kolonnaden rechts und links der Arkade bildeten anfänglich offenen Straßenraum und wurden erst in den frühen Neunzigerjahren geschlossen, nachdem das Gebäude an Sony verkauft worden war. Die wenig einladenden, dunklen Fensterfronten der Kolonnaden sind also nicht bauzeitlich.

Wenn man also über eine Aufwertung des Hauses nachdenkt, so müsste es um einen behutsamen Rückbau und die Reaktivierung des halböffentlichen Raums gehen. Damit wäre auch die monumentale Ordnung und der Zusammenhang von Basis, Schaft und Dachabschluss des Hauses wiederhergestellt. Denn gerade um die Wiederbelebung von klassischer Ordnung ging es der Postmoderne. Snøhettas Projekt jedoch widerspricht den grundlegenden Ideen von Johnson und Burgess. Dies beweist nicht nur die Glasfassade, sondern auch die irritierenden, zurückgesetzten, hellen Stützen, die das Haus endgültig jeglicher tektonischen Basis berauben.


Zum Thema:

Auf amerikanischen Webseiten ist bereits eine Debatte um das Haus, seine Geschichte und die Umbaupläne entbrannt, unter anderem in der Los Angeles Times, bei The Architect’s Newspaper und auf dem Blog Archidose, der interessantes Bildmaterial zeigt.


Auf Karte zeigen:
Google Maps


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

13

mies antroph | 04.11.2017 12:41 Uhr

Chippendale

schon der Entwurf des AT&T Gebäudes hatte 1979 eine internationale Signalwirkung und läutete die Ära des Postmodernismus ein. Insofern geht tatsächlich eine Ikone verloren - nun ja nicht ganz. es besteht ja die Möglichkeit in zehn bis fünfzehn Jahren den Originalzustand von 1984 durch erneuten Umbau wiederherzustellen. Warum? Weil seit 1990 in kurzer Folge das Formenrepertoire der 1950er, 1960er und aktuell das der 1970er Jahre in kurzer Folge neu aufgegossen wird; es gehört also nicht viel Prophetie dazu, die Postmoderne 2.0 für das Jahr 2028 vorherzusagen. Snohettas Veränderungen werden jedenfalls auch ganz schnell ihre Halbwertszeit erreichen.

12

so ein archi | 03.11.2017 17:39 Uhr

Nein! Doch! Ohhhh!

an Nummer 11:
huch, auf Architekturdarstellungen wird beschönigt, idealisiert und der Investor gebauchpinselt. Wer hätte das gedacht.
(und nein, das ist kein Problem welches durch hyperrealistische Computerrenderings entstand. Das zieht sich wie ein roter Faden durch alle Jahrhunderte. Kollegen die sich in Denkmalschutz und Rekonstruktionen verdingen dürften das hinlänglich kennen, Stichwort Zwerge und Miniaturkutschen, die die Kupferstiche irgendwelcher Schlösser von halbpotentem Landadel bevölkern, und das Schloss gleich um den Faktor 1,5 größer und eindrucksvoller aussehen lassen. Oder die bauzeitlichen, eindrucksvollen Handzeichnungen diverser Hochhäuser wie dem Empire State Building, die auch stets von einem Heiligenschein vor dramatisch schwarzem Himmel umrankt sind...)

11

a_C | 03.11.2017 14:58 Uhr

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte...

Bitte mal in den Browser kopieren: oi67.tinypic.com/2luyo2s.jpg

Das kommt wohl eher hin und macht die Plumpheit des Eingriffs deutlich.

Statt der postmodernen Bögen bekommen wir nach Snøhettas Planung ein ausgestanztes Rechteck. Statt dem stadträumlich wirksamen Rücksprung in der Mitte bekommen wir einen auf ganzer Länge gleich langweiligen und den Stadtraum beengenden Glasvorhang.

Ein Denkmal oder anderweitig wertvolles Gebäude ist meiner Meinung nach nicht grundsätzlich unantastbar, aber so eine schlechte Planung hat das Gebäude nicht verdient.

10

a_C | 03.11.2017 12:21 Uhr

Neid? Oh je...

Worauf ist hier jemand neidisch? Darauf, eine Architekturikone nicht selber zerstören zu dürfen? Was für ein Quatsch.

Und diese Assoziationen - Deutscher Zeigefinger -> Neid -> Berufserfahrung... Hier geht es der Beitragerstellerin wohl eher um die eigene Inszenierung als um das Projekt.

9

rgm | 03.11.2017 09:53 Uhr

100% einverstanden!

mit Frau Meyer!

8

Andreas Vöhringer | 03.11.2017 09:51 Uhr

why not?

dass die postmoderene das haltbarkeitsdatum überschritten hat, ist ja offenkundig, und dass sie ausgerechnet in NY konserviert wird, spräche gegen den amerikanische pragmatismus. Zudem ist die sprache des AT&T buildings ja explizit die der ironie, des als-ob, der fassade im wahrsten sinn, warum dann nicht das Chippendale-kostüm unten einfach mal kürzen? ich denke, bei wechselnden moden darf man das.

7

seb74 | 03.11.2017 09:17 Uhr

Petition

Eine Unterschriftensammlung wurde von der Schweizerischen archithese lanciert:
https://secure.avaaz.org/en/petition/Olayan_Group_Chelsfield_Snohetta_architects_mayor_of_New_York_Save_the_ATT_Building/?cMhRymb

[Anmerkung der Redaktion: Auch die Kollegen in New York haben auf change.org eine Petition gestartet: https://www.change.org/p/new-york-city-landmarks-preservation-commission-save-att-e77f7491-a5ce-4c63-892b-94869cbbc97a]

6

Stefanie Meyer | 02.11.2017 21:10 Uhr

Theorie

Da ist er wieder, der deutsche Zeigefinger. Wenn man hier ein ''bla bla'' bejammern muss dann das der Kommentare. Der Neid ist bei de nLesern grösser als die Arbeitserfahrung als Architekt.

5

a_C | 02.11.2017 18:30 Uhr

Oh je...

Furchtbar! Snøhetta sind sich auch für nichts zu schade.

Dass die Visualisierung ein reiner Betrug ist und die Verschlimmbesserung am Ende eine vollkommen andere Wirkung erzielen wird (die große Glasfront wird tagsüber dunkel und geschlossen wirken - so ist das nun mal bei Glas), ist bei der Unverfrorenheit der hier geplanten Eingriffe nur noch Nebensache.

Da kann man nur hoffen, dass der Aufschrei so groß ist, dass das Vorhaben wieder kippt. Also Leute, werft eure Facebook- / Twitter- / Instagram- / Snapchat-Accounts an und blast ins Horn!

4

Jan | 02.11.2017 16:55 Uhr

nichts verstanden

die Damen und Herren aus Oslo.
Das ist ja ein Graus und diese arrogante Haltung gegenüber der Bausubstanz entbehrt jeglichen Feinsinns.

zum glück gibt es schon eine Online-Petition gegen den Umbau.

Man kann nur hoffen, das dieses Bauvorhaben abgewendet werden kann.

Bei Bottas MoMa in San Francisco gelang dies leider nicht.

3

catk | 02.11.2017 16:44 Uhr

AT&T attacked

Warum soll die Architektur sich immer an dem aktuellen Geschmack orientieren? Ich finde die Kritik absolut berechtigt und notwendig.

Das Gebäude an sich fand ich schon zu seiner Entstehungszeit schwierig und mit wenigen außergewöhnlichen Riesenformen gekrönt und getragen, eher beängstigend. Aber der jetzt geplante Eingriff ist voll daneben.

Laute Straße ist übrigens laute Straße. Aber in New York eben auch der Ort in dessen unmittelbarer Nähe sich die Menschen aufhalten. Warum ihnen nicht etwas mehr Raum geben? Schließlich ist die Hochauspolitik in New York immer eine Verabredung zwischen öffentlicher Hand und privater, um den Ameisenmenschen etwas mehr Platz zu geben zwischen den hohen Häusern.

2

Superarchitekt | 02.11.2017 15:54 Uhr

Tja

Architektonisch erbärmlich, aber der Mammon regiert, da darf man kein kulturhistorisches Feingefühl erwarten, in 'murica gleich gar nicht.

Hoffentlich gibt es eine Protestbewegung wie weiland beim MoMA und dessen Plänen das American Folk Art Museum für eine Erweiterung abzureißen.

1

auch ein | 02.11.2017 15:35 Uhr

architekt

was ein theoretisches blabla....

"halböffentlich", öffentlich etc

das sind ein paar quadratmeter an einer lauten strasse, warum so ein gedöns wenn man das nutzbar macht ?

 
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