In Longyearbyen auf Spitzbergen, 78 Grad nördlich des Äquators, haben Snøhetta ein Besucherzentrum für das Arctic World Archive – kurz: The Arc – entworfen. Das Besucherzentrum möchte Exponate aus dem direkt daneben gelegenen, weltweit größten Saatgutlager Svalbard Global Seed Vault sowie aus dem Arctic World Archive – einer Hochsicherheitslagerstätte, die das digitale Erbe der Welt bewahren soll – gemeinsam präsentieren. In Zusammenarbeit mit dem Norwegischen Naturkundemuseum wird das Besucherzentrum seinem Publikum Hintergrundinformationen zum Standort und Einblicke in die einzigartige Geologie Spitzbergens geben. Spitzbergen ist seit der Unterzeichnung des Pariser Vertrags 1920 als demilitarisierte Zone anerkannt und gilt damit als besonders sicherer Standort.
In den Stollen eines ehemaligen Bergbaus im sogenannten Plattenberg sind seit November 2007 in der Svalbard Global Seed Vault Saatkörner aus der ganzen Welt deponiert. Sie sind ein physisches Backup des in den Gendatenbanken weltweit gelagerten Materials, falls durch eine Katastrophe ein Pflanzentyp ausgerottet werden sollte. Die liefernden Länder und Institutionen müssen für die Speicherung nichts zahlen; die Kosten trägt der norwegische Staat. Der Saatgutspeicher ist der größte von weltweit 1.400 Aufbewahrungsanlagen und hält mittlerweile circa 4,5 Millionen Samenproben vor, die aus der ganzen Welt hierher verschickt wurden. Das Arctic World Archive hat sich wiederum von der Seed Vault inspirieren lassen und bietet seit 2017 die Lagerung von Daten in einem Hochsicherheitstrakt im ehemaligen Bergwerksstollen an. Die Anlage muss aufgrund dieser Position im Permafrostboden nicht künstlich gekühlt werden und verbaucht infolge der Lagerung auf Mikrofilm nur wenig Strom.
Das geplante Besucherzentrum besteht aus zwei miteinander kontrastierenden Volumina: einem aufgeständerten Eingangsgebäude sowie dem eigentlichem Ausstellungshaus, das wie ein weißer Monolith in die Landschaft ragt. Die beiden Baukörper sind über eine verglaste Zugangsbrücke verbunden, in der sich die Besucher der einzigartigen arktischen Landschaft ausgesetzt fühlen können. Das Eingangsgebäude wird aufgeständert, um ein Auftauen des Permafrostbodens zu vermeiden. Die Außenverkleidung besteht aus angekohltem Holz und dunklen Fensterelementen. Im Inneren sind wichtige Funktionen wie Lobby, Ticketing Garderobe und ein Café untergebracht.
Der weiße monolithische Baukörper des fensterlosen Ausstellungsbaus soll wohl ein bisschen so wirken, als sei er nicht von dieser Welt. Der Innenraum ist als Vertikalgewölbe ausgeformt; im gedämpften Licht können Dauer- aber auch Wechselausstellungen gezeigt werden. Das Gewölbe wird sich bei vier Grad Celsius anfühlen, als befände man sich tatsächlich in einem Stollen. Via Touchscreens sollen sich die Besucher*innen einen Eindruck von den Sammlungen machen können.
Im Zentrum des Gebäudes liegt ein klimatisiertes Auditorium, von den Architekten Ceremony Room genannt. Er wir dominiert von der Nachbildung eines Laubbaums, wie er vor 56 Millionen Jahren auf dem damals dicht bewaldeten Spitzbergen beheimatet war. Die örtliche Temperatur lag damals bei fünf bis acht Grad Celsius. Bei der derzeitigen Rate an Kohlenstoffemissionen könnten die Temperaturen in den nächsten 150 bis 200 Jahren soweit ansteigen, dass hier wieder ein Wald wachsen könnte. Insofern ist der Baum nicht nur Symbol für die vergangene Zeiten, sondern Aufruf zum Handeln. Beim Auftauen des Permafrostes hätten nicht nur die Speicheranlagen ein Problem. (tl)
Auf Karte zeigen:
Google Maps
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
Bernd Scheumann | 05.11.2019 08:05 UhrSinnhaft? Besucher in den Permafrost zu locken?
Also... es wird ja schön und ist bestimmt auch interessant.
Aber...
Besucher in den Permafrost zu locken, die da mit dem Schiff hochgefahren werden... im Rahmen einer "sehr umweltfreundlichen" Arktis-Kreuzfahrt...
Manchmal wäre es schön, im Sinne einer Zukunft für alle unsere Kinder nicht alles was möglich scheint auch zu bauen.