Erneut ein großer Wirbel in Bonn: 2020 wird das Beethoven-Jahr gefeiert – genügend Zeit, das seit 2008 geplante und 2010 auf Eis gelegte Beethoven Festspielhaus in Bonn doch noch zu realisieren. Ein erster Schritt ist die heute eröffnete Ausstellung der drei Wettbewerbsarbeiten, die jetzt aktuell in der engeren Wahl stehen. Folgende Architekten wurden mit der Weiterbearbeitung beauftragt:
- David Chipperfield Architects (London, Berlin, Mailand, Shanghai)
- Kadawittfeld (Aachen)
- Valentiny hvp architects (Remerschen in Luxemburg)
Die drei Büros setzten sich mit ihren Entwürfen gegen gmp, Zaha Hadid, Arata Isozaki, Helmut Jahn, Karl-Heinz Schommer, Snøhetta und UNStudio durch.
2009 standen bereits die Entwürfe von Zaha Hadid und den Luxemburger Hermann & Valentiny (heute Valentiny hvp architect) in der engeren Auswahl, die dann der
Einsparungsentscheidung des Quartettes Stadt Bonn, Deutsche Post, Telekom und Postbank zum Opfer fielen.
Jetzt plant die Deutsche Post DHL, für das neue Beethoven Festspielhaus 30 Millionen Euro bereitzustellen und hat – nach einem ersten Auswahlverfahren für einen anderen Standort neben der bestehenden Beethovenhalle von Siegfried Wolske – erneut einen Architektenwettbewerb ausgelobt. Mehr als 50 Architekturbüros bewarben sich, nach einem Präqualifikationsverfahren wurden zehn international renommierte Architekturbüros zur Teilnahme eingeladen – darunter einige zum zweiten Mal. Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Förderern gemeinsam mit Experten verschiedener architektonischer und akustischer Fachrichtungen haben jetzt eine Empfehlung für drei Entwürfe abgegeben, die bis Ende des Jahres weiterbearbeitet werden sollen. Das Siegerprojekt soll 2015 entschieden werden; bis 2019, also ein Jahr vor dem großen Jubiläum, soll der Konzertsaal in Betrieb genommen werden.
David Chipperfield hat in seinem Entwurf verschiedene quaderförmige Baukörper aus weißem Schleuderbeton zu einem vierstöckigen Entwurf zusammengefügt. Die beiden unteren Baukörper sind Verbindungsglied zwischen Rheinpromenade und Grünanlagen der Beethovenhalle, zugleich erfolgt über sie der Hauptzugang zum Konzertsaal. Durch den Versatz der Baukörper bekommt das Gebäude eine gewisse Virtuosität. Geprägt ist die Ansicht von schlanken Stelzen, unterbrochen von kompletter Glasverkleidung und damit einer kristallinen Architektursprache. Der Saal liegt im Zentrum der beiden unteren Ebenen und ist in gemasertes Nussbaumfurnier gekleidet.
Klaus Kada und
Gerhard Wittfeld greifen den Höhenunterschied zwischen Rhein und oberem Gelände der Beethovenhalle auf und gestalten nach außen ein sich schichtförmig erhebendes Gebäude. „Harmonie von Neubau und Landschaft“ waren Leitlinie der Architekten. Innen geht es in die Gegenrichtung: Der Saal „gräbt“ sich in Anlehnung an ein Amphitheater nach unten in das Gelände und ist in der klassischen Form Vineyard angelegt. Das Gebäude ist wellenartig ohne Ecken und Kanten gehalten und lehnt sich in der Gesamtform und der Landschaftsplanung bewusst an die Kuppel der Beethovenhalle und die Planung der Architekten Wolske und Raderschall an. Beide Gebäude sollen auch eine gemeinsame Rheinterrasse bekommen. Durch die Absenkung des Saals bleibt das Gebäude niedriger als die Beethovenhalle.
François Valentiny und
Hubert Hermann gestalten ein wellenförmiges Gebäude mit einer riesigen Glasfront rhein- und stadtseitig. Die schuppenförmige Aufteilung des Daches setzt sich in dem kleineren Gebäudeteil fort und wird dort bis auf den Boden fortgeführt, so dass zur Seite der Beethovenhalle hin Offenheit besteht. Die runden Formen werden im Inneren des Baus fortgesetzt. „Ein Gebäude für Beethoven soll nicht kantig und geschlossen sein, sondern es wird durch eine einladende Gestik von weichen dramaturgischen Bewegungen Höhepunkte setzen“, so die Luxemburger Architekten. Durch die Schuppenform des Daches dringt auch auf obere Etagen ein Stück Tageslicht. Der Konzertsaal ist eine Mischung aus den klassischen Formen Vineyard und Shoebox, mit dem Orchesterraum ein Stück zentraler angesiedelt.
Parallel zur weiteren Bauplanung wird an der Finanzierung sowohl des Gebäudes als auch der Stiftung für den Betrieb des Festspielhauses gearbeitet. Neben der Deutschen Post DHL haben regionale Unternehmen und bürgerschaftliche Initiativen in Bonn schon jetzt mehrere Millionen Euro gesammelt. Künstler aus aller Welt setzen sich für die Errichtung des Beethoven Festspielhauses ein. Bundes- und Landesregierung haben die große kulturpolitische Chance und Bedeutung des Beethoven Festspielhauses erkannt und ihre finanzielle Unterstützung für die Betreiberstiftung erklärt. Der Bund allein stellt 39 Millionen Euro zur Verfügung und hat sein Bekenntnis zum Kulturerbe Beethoven in der Koalitionsvereinbarung unterstrichen. Beim zweiten Anlauf soll eben nichts mehr schief gehen.
Zum Thema:
www.beethoven-festspielhaus.de
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serdika | 30.10.2014 18:03 Uhr@mies
Entwurfs-Beamte! Herrliches Wort..das passt wunderbar zu so einigen Entwürfen.
> hier hätte man vielleicht mal einen offenen Wettbewerb ausloben sollen! mehrstufig...