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19.06.2019

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Schieferdach in Schräglage

Serpentine Pavillon von Junya Ishigami in London


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Seit 19 Jahren ist es ein Ritual im sommerlichen London: Der Serpentine Pavillon wird eröffnet. Die Kunstwelt strömt in den Hyde Park und feiert sich, die Landschaft und die Kunst. Und in diesem Jahr auch den Japaner Junya Ishigami. Er hat diesmal das temporäre, funktionale Folly entworfen, um das herum man sich versammelt. Es ist ein mit Schieferplatten belegtes Dach. Schwer lastet es auf vielen, aus der Ferne stecknadeldünn wirkenden Stützen.

Für Ishigami ist der Pavillon Ausdruck seiner „Free-Space-Philosophie“, in welcher er nach Harmonie zwischen menschengemachten Strukturen und der Natur sucht. Sein schiefergedecktes Dach lässt er gleichsam aus dem Rasen wachsen und zu einem Steinhügel werden. Der Kontrast zwischen der Ansammlung schwerer Steine, die leicht wie ein wogendes Stück Stoff über dem Boden zu schweben scheinen, ist beeindruckend. Eine Überraschung ist er nicht, denn für das kontrastierende Fastnichts und die damit verbundene Herausforderung der Statik ist Ishigami bekannt. Viele Jahre arbeitete er bei SANAA, die 2009 den Serpentine Pavillon planten. In diesem Sinne bedient der Pavillon architektonische Erwartungen.

Interessanter dürfte eher seine Funktion als Hintergrund zum gedanklichen Austausch sein. Denn mehrfach war die Serpentine Gallery in diesem Jahr Gegenstand von Diskussionen über die moralischen Hintergründe von am Kunstgeschäft beteiligten Personen. Nachdem die Bekanntgabe von Junya Ishigami als diesjähriger Designer des Pavillons von einer Debatte über den von seinem Büro angeblich unbezahlt beschäftigten Praktikanten begleitet war, ist die morgige Eröffnung vom Rücktritt der Direktorin der Serpentine Gallery Yana Peel überschattet. Peel war von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International vorgeworfen worden, Teilhaberin eines Unternehmens zu sein, das Spionagesoftware an autoritäre Regime verkaufe, die diese gegen Privatpersonen eingesetzt hätten. Peel bezeichnete die Vorwürfe als „konzertierte Lobbykampagne, die künftige Philantrophen von ihrem Engagement für die Kunst entmutigen würde“. Bereits im April sah sich die Serpentine Gallery Vorwürfen der Künstlerin Hito Steyerl ausgesetzt, in der Vergangenheit Geld von der wegen fragwürdigen Pharmageschäften in den USA verklagten Sackler Familie angenommen und ein Gebäude nach ihr benannt zu haben.

Nicht zuletzt unterstreichen die Debatten, dass die Herkunft des Geldes immer auch Teil der Projektgeschichte ist, sei es die eines Kunstprojekts wie der Serpentine Pavillon oder die eines Wohnhauses. Den Serpentine Pavillon 2019 unterstützen Goldman Sachs, The Therme Group, COS und Weil. Ob ihn die Galerie wie zum Beispiel den Pavillon von SelgasCano oder den von Toyo Ito später an Sammler verkaufen kann, ist noch unklar. (fm)


Video:



Zum Thema:

Im Video erklärt Junya Ishigami seinen Entwurf für den Kanagawa Institute of Technology Workshop. Die Videoreihe ARCHlab ist eine Koproduktion von BauNetz und Prounen Film, mit freundlicher Unterstützung des Goethe Instituts und der Firma GIRA. Alle Videos sind wahlweise in Originalfassung oder mit deutscher und englischer Synchronisation abrufbar. Mehr Filme gibt es hier.


Er liebt Radiohead, erinnert irgendwie an den King of Pop und schafft abstrakte Gedankengebäude. Ein Gespräch mit Junya Ishigami in der Baunetzwoche#308.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

7

STPH | 24.06.2019 15:03 Uhr

ein Naturschauspiel wie ein See, ein Reflex

meditier den Park vom Schieferschuppenmeer aus, vom Material, Perspektivwechsel. Dein Gehäuse ist dabei der gesamte Raum.

6

so ein archi | 20.06.2019 15:30 Uhr

untersicht

@4: aber gerade die Untersicht find ich stark, so vom Kontrast Schwerer Stein / filigrane Stützchen her.

Zum Politischen: Frau Peel hat da ein lustiges Argument, oder? Man könnte denken dass der Amnesty-Kommentar selbsternannte Philantrophen davon abhalten möchte mit irgendwelchen anrüchigen Regierungen zu handeln.
Aber wenn sie meint Amnesty wollte darauf abzielen Mäzenatentum zu unterbinden, ... ach was weiß ich schon.

5

Mies | 20.06.2019 09:45 Uhr

Beeindruckend

Woow... lange nicht so einen schönen Serpentine Pavillon gesehen. London Calling!! Werde ich mir vor Ort ansehen.

4

Yentsch | 20.06.2019 09:31 Uhr

hmmmokay

Entwurf und Konzept auf jeden Fall interessant. In der Umsetzung wirkt er aber seltsam ungelenk. Mehr wie aufgeständerter Kuhfladen denn schwebender Schieferhügel – vor allem die Untersicht. Schade, denn seine sonstigen Arbeiten zeugen von der gewissen Eleganz die so einfach aussieht und so schwer herzustellen ist.

Zum Politischen: Wie können wir es nur wagen, dem Geldadel einen Spiegel vorzuhalten ;) Vielleicht sollte Frau Peel mal in sich gehen und sich fragen, inwieweit die "philanthrophische Arbeit" und Investition in Kunst nicht mehr der Gewissensberuhigung und Egobestätigung dient, wenn man seine Unabhängigkeit als Teil des Problems des globalen Finanzwahnsinns erwirtschaftet hat.

3

so ein archi | 20.06.2019 08:43 Uhr

das ist...

... so leichtfüßig und schön.

2

Jonas Virsik | 19.06.2019 23:48 Uhr

@Rothfuß

Unabhängig vom Kontext wird ein Raum erschaffen, in welchen die Besucher abtauchen, um somit der individuellen Gedankenwelt des Architekten ein Stück näher kommen.

Die räumliche Wirkung ist klar definiert, die Idee präzise formuliert. Willkür mag der erste Eindruck sein.

Einen temporären Pavillon nach gewöhnlichen Kriterien alltäglicher Architektur zu bewerten ist nicht möglich.

1

Henning Rothfuß | 19.06.2019 18:28 Uhr

Ähm - interessant ?

Puh.

Gefällt mir leider gar nicht.
Sehr willkürlich, ohne Bezug zum Ort.

Das Dach ist kreativ.

 
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Der Serpentine Pavillon ist vom 21. Juni bis 6. Oktober 2019 im Londoner Hyde Park zu sehen.

Der Serpentine Pavillon ist vom 21. Juni bis 6. Oktober 2019 im Londoner Hyde Park zu sehen.

Der Entwurf stammt von Junya Ishigami.

Der Entwurf stammt von Junya Ishigami.

Der Architekt ließ viele Schieferplatten auf eine von filigranen Stützen gehaltene Gitterstruktur legen.

Der Architekt ließ viele Schieferplatten auf eine von filigranen Stützen gehaltene Gitterstruktur legen.

Vertikale und Horizontale wirken wie Striche in der Landschaft.

Vertikale und Horizontale wirken wie Striche in der Landschaft.

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