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08.06.2022
Sakrales Folly in London
Serpentine Pavilion von Theaster Gates
Nach all den offenen, luftigen, leichten und bunten Strukturen der letzten Jahre zeigt sich der diesjährige Serpentine Pavilion in den Londoner Kensington Gardens eher von der dunklen Seite: Der vom in Chicago lebenden Künstler Theaster Gates in Zusammenarbeit mit dem britischen Büro Adjaye Associates entworfene Bau kommt ganz in Schwarz und fast hermetisch abgeschlossen daher. Das lässt an Peter Zumthors Kubus aus dem Jahr 2011 denken, in dessen Inneren sich ein geheimer Garten befand. Gates hingegen spielt mit der Gestaltung und Betitelung seines Pavillons als Black Chapel auf die räumlichen und meditativen Qualitäten einer kleinen Kapelle an. Die Arbeit steht zudem im Kontext der fortwährenden Auseinandersetzung des im letzten Jahr mit dem Friedrich Kiesler-Preis ausgezeichneten Künstlers mit dem Thema „Gefäß“ und ist Teil seiner Werkserie „The Question of Clay“, die inhaltlich rund um das Material Ton kreist.
Wie der Pressebericht verlauten lässt, nimmt das zylinderförmige Volumen mit seiner Form Bezug auf eine breite Palette von Typologien, darunter industrielle Strukturen wie flaschenförmige Keramik-Brennöfen im englischen Stoke-on-Trent oder sogenannte Bienenstocköfen im Westen der USA, aber auch auf römische Tempietti – kleine tempelartige Bauwerke – und traditionelle afrikanische Hüttenbauten. Die überwiegend aus Holz bestehende Konstruktion lässt sich durch schmale, hohe Öffnungen betreten. Im ebenfalls ganz in Schwarz gehaltenen Innenraum, der in seiner rohen Kargheit an einen Bühnenhintergrund erinnert und durch ein kreisrundes Oberlicht erhellt wird, sind sieben Teergemälde ausgestellt, die Gates eigens für diesen Anlass schuf.
Seit nunmehr 22 Jahren – mit einer Unterbrechung im ersten Pandemiejahr 2020 – loten im Auftrag der Serpentine Gallery weltbekannte Architekt*innen und Künstler*innen die Möglichkeiten der Folly-Architektur aus. Den Anfang machte im Jahr 2000 Zaha Hadid, es folgten unter anderem Ólafur Elíasson, SANAA, Sou Foujimoto und Bjarke Ingels. Auch diesmal wird das temporäre Bauwerk, das bis zum 16. Oktober 2022 zu erleben ist, wieder zur Bühne für das Sommerprogramm der Galerie. Den Beginn der Veranstaltungsserie kündigt eine funktionstüchtige Glocke neben dem Eingang des Pavillons an, die aus der abgerissenen St. Laurence Church in Chicagos South Side stammt. Die offizielle Eröffnung der Black Chapel findet am Freitag, den 10. Juni 2022 statt, im Vorfeld wird Kurator Hans-Ulrich Obrist bereits heute, am 8. Juni mit Theaster Gates und David Adjaye über ihre Arbeit sprechen. (da)
Fotos: Iwan Baan
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