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14.03.2025
Filmtipp: Tempel der Hochkultur
Serie auf ARTE erforscht den Bilbao-Effekt
Seit vielen Jahren setzt sich BR-Redakteurin Sabine Reeh für die mediale Architekturvermittlung ein. Mit Dokureihen wie Drunter und Drüber oder die mittlerweile sieben Staffeln umfassenden Traumhäuser bereitet sie baukulturelle und baupolitische Themen fürs breite Fernsehpublikum auf. Dabei sensibilisiert sie für dringende Fragen der Zeit, wie zuletzt mit einer Serie zum Um- und Weiterbauen. Einen gänzlich anderen Fokus hat ihre aktuelle, vierteilige Produktion Tempel der Hochkultur, die derzeit in der ARTE-Mediathek verfügbar ist. An den beiden kommenden Sonntagen wird die Serie außerdem auch noch regulär im Fernsehen zu sehen sein. Mit spektakulären Aufnahmen von nicht weniger aufsehenerregender Architektur beleuchten die BDA-Preisträgerin und ihr Team darin, wie Kulturbauten weltweit Städte aufwerten.
Los geht es natürlich in Bilbao, wo 1997 das Guggenheim-Museum eröffnete und emblematisch für den Wandel der heruntergekommenen Industriestadt zum kulturellen und touristischen Mittelpunkt des Baskenlands steht. Dass seither Städte und Kommunen auf der ganzen Welt versuchen, den so genannten Bilbao-Effekt zu wiederholen, zeigt die Serie eindrücklich: Herford, Blaibach, Stettin oder Dundee – alles Orte, die ohne ihre von Starbüros entworfenen Museen und Konzerthäuser auf der (architektonischen) Landkarte Europas wohl nur unter ferner liefen auftauchen dürften. Doch auch etablierte Metropolen wie Paris oder Amsterdam setzen auf die Kombination Kreativwirtschaft und Wow-Architektur, um sich im internationalen Wettbewerb der Standorte und Destinationen zu behaupten.
Neben erläuternden und historisch einsortierenden O-Tönen von unter anderen Matthias Sauerbruch, Andy Pratt, Gerhard Matzig und Alain Thierstein kommen auch Kulturschaffende wie Simon Rattle zu Wort. Sie halten ein emotionales Plädoyer für die transformatorische Synergie, die entsteht, wenn Hochkultur auf qualitätvolle Architektur trifft. Der wohlwollende Zugang zu den teils gigantische Ausmaße annehmenden Leuchtturmbauten trägt die ganze Serie – auch wenn Folge 3 die inhaltliche Aushöhlung der Projekte durch Social Media thematisiert. Hier ist Kameramann Paul-Georg Busse hervorzuheben: Seine Aufnahmen der User- und Influencer*innen, die die instagrammablen Momente der Ciutat de les Arts i les Ciències Valencia auskosten, halten beeindruckend die Balance zwischen ironischer Distanz und fast zärtlicher Nähe.
Der finanzielle Kraftakt von Planung, Umsetzung und vor allem Betrieb solcher Leuchtturmarchitekturen klingt nur zwischen den Zeilen an – ebenso wie die notwendigen Investitionen in die umgebende Infrastruktur, die bei gelungenen Aufwertungsprozessen mit dem Bau der sogenannten Signature-Buildings einhergehen. Auch die vergabe- und baurechtlichen Hürden, die derlei Vorhaben hierzulande zu überwinden haben, transportieren sich eher beiläufig. So beispielsweise durch die Selbstverständlichkeit, mit der in Shenzhen oder Abu Dhabi derzeit gigantomanische Kulturcluster mit Planungen von unter anderen Mecanoo, ZHA, Ateliers Jean Nouvel oder Foster+Partners entstehen. Zu den überraschendsten Momenten der Serie darf sicher das Statement von Mohamed Khalifa Al Mubarak, dem Chairman des Department of Culture and Tourism Abu Dhabi, zählen, der sich elaboriert zum Vorwurf eines Kultureklektizismus äußert.
Absolut sehenswert ist die Reihe durch eine Sensation: Als erstes Kamerateam überhaupt war es Reeh und Team gestattet, die Dauerbaustelle des Guggenheim-Museums Abu Dhabi zu betreten. Mit den ersten bewegten Bildern der noch eingerüsteten, an das Vernakulär der Vereinigtren Arabischen Emirate angelehnten, aber dennoch unverkennbar Gehry'anischen Formensprache schließt sich also der Kreis. Ob das Gebäude hält, was man sich von ihm verspricht, wird sich mit der für 2025 geplanten Eröffnung zeigen. Zur medialen Mythenbildung, die einen nicht unerheblichen Teil des Bilbao-Effekts ausmacht, leistet die Serie jedenfalls ihren Beitrag.
Text: Kathrin Schömer
Tempel der Hochkultur – Wie Kulturbauten Städte aufwerten
Sabine Reeh
Deutschland, 2023
vier Folgen à 27 Minuten
BR
Im ARTE-Fernsehprogramm:
Folge 3: Sonntag, 16. März 2025, 9.15 Uhr
Folge 4: Sonntag, 23. März 2025, 9.40 Uhr
Alle Folgen sind derzeit in der ARTE-Mediathek.
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Guggenheim Abu Dhabi, Frank O. Gehry

Guggenheim Bilbao, Frank O. Gehry

L’Hemisfèric und Oper, Valencia, Santiago Calatrava

Filharmonia Stettin, Barozzi Veiga
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