Ostende ist sowohl Hafenstadt als auch Seebad an der belgischen Nordseeküste mit etwa 70.000 Einwohnern. Irgendjemand hat die Stadt mal die „Königin der Seebäder“ genannt, aber das ist schon eine ganze Weile her. Heute ist der Glanz der Strandpromenade und der meisten Häuser verblüht, bei Familien und Senioren ist die Stadt als Bade- und Luftkurort jedoch weiterhin beliebt.
Um pflegebedürftige Einwohner der Stadt kümmert sich unter anderem die staatliche Einrichtung Sint Monica, die seit 1981 ein Pflegeheim in einem ehemaligen Krankenhaus betreibt. Die Einrichtung ist mittlerweile allerdings auch schon etwas betagt, und so stand bereits länger der Wunsch nach einem Neubau im Raum. 2014 waren die Mittel und ein etwa 7.000 Quadratmeter großes Baugrundstück für ein solches Unterfangen vorhanden. In Kooperation mit dem Vlaams Bouwmeester wurde ein „Open Oproep“-Wettbewerb ausgeschrieben, den das Antwerpener Büro Bovenbouw gewann.
Das Grundstück ist kein einfaches: Es liegt am südwestlichen Ausgang der Stadt, eingeklemmt zwischen einer dicht befahrenen Nationalstraße und dem Flughafen Ostende-Brügge im Süden. Anderseits sind es nur 250 Meter zum Strand. Bovenbouw entwickelten ein Gebäude mit einem geschützten Innenhof, durch den wiederum ein öffentlicher Weg für Fußgänger und Radfahrerinnen führt. Dieser Weg ist Teil eines Masterplans für die gesamte Gegend. Doch anstatt den Wanderweg am Haus entlang zu führen, schlugen Bovenbouw vor, die Öffentlichkeit zuzulassen.
Die Umgebung ist ziemlich prototypisch für Belgien – ein wildes Durcheinander aus kleinteiligen Häusern in allen Formen und Farben. Darin wirkt der große Block aus hellem Backstein wie eine freundliche Beruhigung. Das Haus bietet auf 7.800 Quadratmetern 98 Zimmer sowie fünf Einheiten für intensivere Pflege. Die Baukosten werden mit 12 Millionen Euro angegeben.
Die sanft geschwungene Fassade zur Straße räumt dem öffentlichen Raum ein wenig mehr Platz ein und formuliert eine angemessene Empfangsgeste. An der Rückseite nach Süden fügten die Architekten Restaurant und Schwimmbad in einem eingeschossigen Pavillon an, der einen weiteren, kleinen Innenhof mit Teich umschließt. Das Dach des Pavillons ist als Terrasse begehbar, deren Bepflanzung sich an der nahen Dünenlandschaft orientiert.
„Im Inneren“, schreiben die Architekten, „ging es uns um die Wohnlichkeit und eine möglichst große Behaglichkeit.“ Das Gebäude soll eine Reihe abwechslungsreicher Momente bieten, die durch eine begrenzte Palette von Materialien und Farben verbunden sind. So verfügen die Flure in den oberen Geschossen über fünf Gemeinschaftsräume: Vom großen Salon mit Blick nach Süden bis zum kleineren „Roten Zimmer“, das durch eine gebogene Panoramascheibe einen Blick auf die Straße, die Einfamilienhäuser gegenüber und bis zum Meer bietet. (fh)
Fotos: Filip Dujardin, Stijn Bollaert
Zum Thema:
Mehr über die Relevanz des Vlaams Bouwmeester und das Instrument des Open Oproep für den Erfolg der belgischen Architektur in den letzten 20 Jahren verrät die aktuelle BAUNETZWOCHE#557 „Das Wunder von Flandern“.
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
Lars K | 13.05.2020 18:54 UhrBelgien, ach...
Es ist nicht von mir, aber ich weiß leider nicht mehr wo ich es gelesen habe. Die belgische Architektur ist solide und gut gemacht, aber irgendwie puritanisch mit einem Hang zum Freudlosen. Sie kann bei mir einfach nur sehr selten Begeisterung entfachen. Bei diesem Anblick kam es mir wieder in den Sinn. .... müsste mal raussuchen, wer das wo geschreiben hatte. Oder weiß es jemand?