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09.09.2019

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Nach dem großen Beben

Selbstbau-Wohnhaus in Mexiko von BiosArqs


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Zwei Jahre ist das heftige Erdbeben jetzt her, das den Süden Mexikos am 7. September 2017 erschütterte. Mit 8,2 auf der Richterskala war es das zweitschwerste Beben in der Geschichte des Landes. Straßen wurden zerstört, Infrastruktur lahmgelegt, tausende Familien verloren ihre Häuser, fast 100 Menschen starben. Immer wieder kommt es in Mittel- und Südamerika zu Erdbeben, Wiederaufbau ist daher ein großes Thema, wie Beispiele aus Peru, Chile und Bolivien zeigen.

Für eine vierköpfige Familie, die 2017 Haus und Hof verloren hatte, wurde nun der Traum von den eigenen vier Wänden Wirklichkeit. Nach Monaten in einem provisorischen Zeltlager mit gerade mal dem Nötigsten, konnte die Familie aus der Provinz Cintalapa wieder in ein richtiges Haus ziehen. Casa Melani heißt das Projekt, das das mexikanische Büro BiosArqs (Tuxtla Gutiérrez) in Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Hábitat para la Humanidad México und der NGO Cuidemos.org realisiert hat.

64 Quadratmeter stehen den Eltern und ihren beiden Töchtern jetzt zur Verfügung, die sich auf zwei Volumen und einen verbindenden Hof, einen sogenannten Pórtico, verteilen. Bad und Toilette wurden in einem separaten kleinen Bau seitlich des Wohnhauses untergebracht. Idee des Entwurfes war, die bestmögliche Kombination aus Komfort und Nutzung der klimatischen Potentiale zu erreichen. So soll durch die Anordnung und Gestaltung der Gebäudeteile die Windzirkulation maximiert und ein konstanter Luftstrom erzeugt werden, wodurch sich das extreme Klima der Region zumindest abmildern lasse, so die Architekt*innen. Innen bleibt die Temperatur erträglich, während trotzdem Tageslicht in die Räume kommt.

Neben dem klimatischen Aspekt standen Funktionalität und die Nutzung natürlicher Materialien im Fokus, damit die Konstruktion reproduzierbar, wirtschaftlich und wartungsfreundlich ausfällt. Die Erdbebensicherheit ist durch zahlreiche baurechtliche Normen ohnehin vorgeschrieben. Die Familie, die ihr zerstörtes Haus durch ein einfaches, aber hochwertiges Gebäude ersetzen wollte, war auch selbst am Bau beteiligt, genau wie Cousins, Neffen und Nachbar*innen. Geleitet wurde der Prozess von einem Team von Fachleuten.

Das Ziel: Hilfe zur Selbsthilfe. Und so entstand das Wohnhaus im Selbstbau, begleitet von technisch-praktischen Maurerwerkstätten sowie Kursen zur Herstellung von Baumaterialien und Schreinerarbeiten. Gleichzeitig sollte damit die Aneignung der Architektur begünstigt werden. Denn der Neubau sei nicht einfach nur ein neues Haus, schreiben BiosArqs, sondern ein Zuhause. (kat)

Fotos: Fabio Chacón, Rolando Guillén, Alexander Cigarroa


Video:



Casa Melani from ONG Cuidemos.org on Vimeo.



Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

8

claus | 12.09.2019 08:56 Uhr

Formalismus oder Hirn?

Zugegeben, auf den ersten Blick wirkt der Grundriss recht strikt und formal. Allerdings ist es hier gelungen, auf relativ kleinen Raum eine Nutzungsorganisation zu erzeugen, in der ein relativ hohes Maß an Intimität und Rückzug möglich erscheint. Das ist viel wert.

Sicher ist das alles in der dortigen Klimazone etwas einfacher als im herbstlichen Deutschland, jedoch würde ich mir auch bei den hiesigen Wohnbauten manchmal etwas mehr geistige Tiefe in den Grundrissen wünschen.

Ein wundervolles Projekt.

7

Dr. Yikes | 11.09.2019 19:27 Uhr

Sensationell

Es ist... ein unverputztes Haus! Genial. GE-NI-JAL. Ganz ehrlich, wenn das der Maßstab der hiesigen "Arch*tekenzunft" sein soll - wie die Kommentare einem ja nahelegen - darf man sich in Zukunft aber auch nicht mehr über die eintausend und eintausendmillionste Iteration des 'Bonjour Tristesse'-Stils wundern.

Ich gebe dem Haus übrigens einen Monat bis es verputzt wird und wieder genau so aussieht wie 95% der anderen Häuser in Mähchiko.

6

ARK | 10.09.2019 13:51 Uhr

Formalismus

Bei aller Begeisterung für den rauen Charme und einfache Materialien,
aber ist dieser Formalismus der strengen Symmetrie für's Wohnen wirklich geeignet? Das wirkt schon etwas aufgesetzt.

5

indigo | 10.09.2019 10:07 Uhr

Erdbebensicherheit

Kommen die gemauerten Ziegeldecken nicht runter, wenn es das nächste Mal bebt?

4

Planer | 10.09.2019 10:03 Uhr

Wunderbar

Das ist wirklich mal eine Abwechslung für das hochglanz gequälte Auge.
Hier sehe ich einiges was vielen Protz- und Pinterestobjekten abgeht und fehlt.
Nämlich das ursprüngliche, warum der Mensch sich ein zuhause, eine Hütte baut. Nähe, intimität, Rückzugsort, Zusammenkommen, Familie, Geborgenheit.
Das alles geht auch ohne Alu, Glas, Kupferarmaturen für ein Monatsgehalt, Flächenbündigkeit und Schattenfugeritis.
So etwas berührt mich viel mehr als jeder Luxusbunker.

3

peter | 10.09.2019 00:27 Uhr

wow!

ja, sehr schön!und mal wieder sehen wir, wie wenig es bisweilen braucht, um ein gutes haus zu bauen.

vor allem können wir daran sehen, wie unser wohlstand, unsere regelverliebtheeit und vor allem unser spießiges scheuklappendenken hierzulande diese art von architektur verhindern.

ein bisschen kolonialistischer voyeurismus ist schon auch dabei, wenn man so etwas hier zeigt und lobt - wir schauen mit unserem superfernrohr aus dem rc3-sicheren, passivhausgedämmten elfenbeinturm auf dieses bescheidene hohlblock-zementhäuschen und sind ganz verzückt, jaja, so schön haben sie's da in mexiko. und so günstig, hach. sooo stilvoll und so interessant!!

soviel echtes leben, so primär - wahnsinn - leider nichts für uns suv-fahrende wohlstandsblockierte "herren"menschlein und jammerläppchen.

2

gerard | 09.09.2019 18:46 Uhr

endlich ...

... mal ein sinnvolles projekt und nicht ewig die protzvillen der bestverdienenden.

1

Archi | 09.09.2019 17:45 Uhr

Ganz toll!

Sehr schön, dass auch solche Projekte hier gewürdigt werden.
Wäre schön mehr von solchen qualitativen und alternativen Projekten auch in Deutschland zu sehen. Mutige Bauherren und Planer vor.

Bild 11 ist wundervoll.

 
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Verwandte, Nachbarn und die Eigentümer beteiligen sich am Bauprozess.

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Beim schweren Erdbeben 2017 hatte die vierköpfige Familie ihr Haus verloren.

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Reproduzierbar, wirtschaftlich und wartungsfreundlich sollte der Entwurf sein.

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Durch die Gestaltung des Gebäudes wird ein konstanter Luftstrom erzeugt, der es drinnen erträglich kühl macht.

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