Das publikumswirksame Bauen am Berg ist so alt wie der Tourismus selbst. Effektvoll wie das Messner-Museum von Zaha Hadid zeigt sich auch der Wettbewerbsgewinn von Snøhetta für Bozen. In der Schweiz baut man weniger futuristisch: Geradezu traditionell wirkt die Bergstation einer Seilbahn in St. Gallen von Herzog & de Meuron. Im Graubündner Tal Bergell wurde nun ein Projekt fertig gestellt, das sich bemerkenswert feinsinnig in die Kulisse um die Staumauer des Albignasees einfügt. Alder Clavuot Nunzi Architekten hatten sich 2014 mit ihrem Entwurf in einem Planerwahlverfahren des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich durchgesetzt.
Den neben Rüschlikon zweiten Bürostandort in Soglio (Graubünden) hatten die Architekten gewählt, um die anspruchsvolle Sanierung eines historischen Wohnhauses vor Ort besser betreuen zu können – es war eines der ersten Projekte des 2015 mit dem Förderpreis für Schweizer Jungarchitekten ausgezeichneten Trios. Mit Kosten von mehr als 4,7 Millionen Schweizer Franken war der Neubau der Seilbahn eine nicht ganz kleine Aufgabe. Das Ergebnis steht den bisherigen Projekten der Architekten in der Sorgfalt seiner Umsetzung um nichts nach.
Die Jury zeigte sich erfreut über die „Einfachheit und Genialität“ des Entwurfes: Durch eine simple Ausfaltung entsteht ein logischer und einladender Besucherzugang für die Talstation, der von den kraftwerksinternen Funktionen entkoppelt ist, während er sich unter demselben Dach befindet. Diese Blechhaut über dem Betonsockel ist präzise an die spezifischen Nutzungsanforderungen angepasst, die sich für die verschiedenen Seiten des Gebäudes ergeben. Ein Element über dem Eingang hebt sich beispielsweise von außen kaum optisch vom Wellblech ab, von innen ermöglicht es allerdings einen spannungsvollen Blick ins Dorf.
Mit dem goldenen Band als Treppengeländer durchzieht ein aus dem Logo des Elektrizitätswerks entnommenes Thema das ganze Projekt. Von den präzise gesetzten Fluchtlinien über die dezent abwechslungsreichen Oberflächen bis hin zur Beleuchtung oder den edlen Holzmöbeln – die Form stimmt bis ins Detail und scheint dabei ganz selbstverständlich den funktionellen Abläufen gerecht zu werden. In nur 18 Monaten Bauzeit ist nicht nur ein umfangreiches Gesamtvorhaben, sondern sind mit Tal- und Bergstation zwei im Grunde eigenständige Gebäude realisiert worden. Beide zeigen, wie repräsentatives Bauen am Berg ohne unnötige Effekthascherei gelingen kann. Die Messlatte für vergleichbare Projekte in Deutschland – wie beispielsweise das Rüdesheimer Rad – ist hoch gesteckt. (dd)
Fotos: Alder Clavuot Nunzi
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Lars k | 17.01.2017 20:12 UhrKritischer Regionalismus?
Ist das satirisch zu verstehen? Wo die Seilbahn doch in GRAUbünden steht?