Auch wenn natürlicher Schnee mittlerweile nicht einmal mehr in den Alpen selbstverständlich ist – das Skigebiet am Stubaier Gletscher in Tirol wirbt mit einer Schneegarantie von Oktober bis Juni und zieht damit scharenweise Wintersportler an. Um diese so bequem wie möglich auf die in über 2300 Metern Höhe liegenden Pisten zu bringen, verfügt das Areal über zahlreiche Seilbahnen und Skilifte, und man setzt auch hier auf den Superlativ: Die zu Beginn der aktuellen Wintersportsaison in Betrieb gegangene 3S Eisgratbahn ist mit einer Länge von 4,7 Kilometern die derzeit längste Dreiseil-Umlaufbahn der Alpen. Ihre Stationsgebäude aus Sichtbeton und Profilglas stammen vom Innsbrucker Büro ao-architekten.
Die drei markanten Bauten – Tal- und Zwischenstation im Stubaital entstanden völlig neu, die Bergstation wurde umgebaut und um einen Neubau ergänzt – liegen in großer vertikaler und horizontaler räumlicher Distanz und ohne Blickkontakt zueinander. Daraus folgend erarbeiteten die Architekten drei unterschiedliche Typologien, die auf den jeweiligen Ort und die entsprechende Funktion reagieren und zugleich ebenerdige Zu- und Umstiege ermöglichen. Die Verbindung zwischen ihnen entsteht durch die knapp 11 Minuten dauernde Fahrt mit der Bahn, die mit luxuriösen Kabinen vom Design-Studio Pininfarina ausgestattet ist – große Panoramafenster, Echtleder-Sitze und WLAN inklusive.
Die in unmittelbarer Nähe zu den Besucherparkplätzen liegende Talstation ist in massiver Betonbauweise ausgeführt. Eine seitliche, ebenfalls sehr massive und schwarz eingefärbte Betonwand soll zusätzlichen Schutz vor dem vorbeifließenden Wildbach Ruetz ebenso wie vor möglichen Lawinen des gegenüberliegenden Hanges bieten. Die mit vertikal ausgerichteten, teils matten, teils klaren Profilgläsern strukturierte Frontfassade des Gebäudes vermittelt im Gegensatz dazu eine gewisse Luftigkeit, ihre abgerundete Form spielt laut Architektenauskunft auf die Seilbahntechnik an.
Die Zwischenstation wurde seitlich an einen bereits bestehenden Seilbahnbau angefügt und ist durch die so zustande kommende Abwinkelung der Seilbahntrasse charakterisiert. 5.000 Kubikmeter Beton und 50 im Erdreich verankerte Pfähle wurden hier verbaut. Auf diesem stabilen Sockel, in dem Technik- und Nebenräume untergebracht sind, sitzt ein Obergeschoß, das in Analogie zur Talstation als Stahlbau mit Profilglasfassaden ausgeführt ist. Das Wechselspiel von mattem und klarem Glas erstreckt sich hier über drei Ebenen und lässt einen lichtdurchfluteten Raum entstehen, der zugleich Schutz und Aussicht bietet.
Die Bergstation am Eisgrat markiert schließlich das endgültige Ankommen im Skigebiet. Das Seilbahngebäude ist in ein bestehendes Ensemble aus Gastronomie- und Ladenflächen sowie Technikräumen integriert, dessen stark heterogene Baustruktur durch das zentral gelegene große Volumen des Neubaus neu organisiert und beruhigt wird. In Korrespondenz zu den Bestandsoberflächen wurde hier mit Fassaden aus Aluminiumtafeln gearbeitet. Gezielt gesetzte große Verglasungen belichten die Bahnhofsebene und leiten die Kunden zu einer großzügigen Verteilerrampe einer weiteren Kabinenbahn. Bei einer solch ausgefeilten Infrastruktur ist zu hoffen, dass dem selbsternannten „Königreich des Schnees" letzterer auch weiterhin erhalten bleibt. (da)
Fotos: Günter Richard Wett
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