Die Frage nach der Qualität eines Ortes ist immer auch die Frage nach der Perspektive. Der schmale Streifen, eingeklemmt zwischen Gleisbett und der mächtigen Rückwand eines Industrieareals, der am Rande von Linz für den Neubau der betrieblichen „Seelsorgestelle“ vorgesehen war, trug jedenfalls alle Zeichen eines Un-Ortes.
x architekten, ebenfalls aus Linz, bauten ihren Entwurf dann lieber auf einem Bibelzitat auf: „Mitten in der Wüste lasse ich schattenspendende Bäume aufwachsen“, so steht es bei Jesaja 41,19, und die Architekten fanden den vorgefundenen Ort bei näherer Betrachtung eine „kleine Bastion der Natur mit altem Baumbestand und überraschend hohem Grünanteil in einer unwirtlichen, industriell geprägten Umgebung.“ Das Grundstück war in den 1950er Jahren als Abladefläche für Hochofenschlacke genutzt worden, dadurch wurde es um etwa vier Meter erhöht. Die Architekten greifen die „Geschichte“ des Ortes auf, indem sie für das neue Gebäude einen Schnitt in das Gelände legen, in den Böschungsflächen wird die Schlacke unter der Grasnarbe sichtbar.
Das Gebäude wurde als ein Teil des Geländes entworfen. Wie eine Rampe senkt sich der Schnitt zum Eingang, die Fassade wurde mit Betonfertigteilen gestaltet, deren Oberfläche aus ausgewaschenen Schlackesteinen ein neues „Gegenüber“ zu der Böschungsfläche entwickelt. Vor dem Gebäude entsteht so ein kleiner, um zwei Meter unter das Straßenniveau abgesenkter Vorplatz, der die Veranstaltungsräume im Inneren erweitern kann. Aus der „Bastion der Natur“ wird eine „Oase für die Menschen“, so beschreiben es die Architekten. Das Absenken biete dabei drei Vorteile: Eine größere Intimität für das ganze Gebäude, einen Lärmschutz sowie eine Kostensenkung, da die schlechte Bodenbeschaffenheit sonst eine verstärkte Gründung erforderlich gemacht hätte.
Die Themen „Absenken und Aushöhlen“ haben die Architekten dann im Gebäudeinneren fortgesetzt: „Eine sich verjüngende ‚Schlucht‘ durchschneidet als Erschließungsgang beide Geschosse, sie mündet im Gartenbereich der oberen Etage. Als Zwischenraum wurde sie eher nüchtern und roh in Grau gestaltet.“ Die Schlucht gliedert den Bau in einen rechten und einen linken Teil. Ersterer enthält die „gesellschaftlichen und sakralen“ Bereiche, denn hier sollen nicht nur liturgische, sondern auch einfach „gesellige“ Zusammenkünfte der Betriebsmitarbeiter stattfinden. Der „Feierraum“ kann daher durch große Schiebetüren mit einem Kapellen-Bereich, einer Bar und/oder dem Vorraum mit Garderobe und bis in den Vorplatz hinein erweitert werden.
Der linke Teil ist hingegen den Büros und den Nebenräumen vorbehalten, im Obergeschoss gibt es eine Wohnung und einen Jugendraum. Diese Räume wurden um einen Innenhof und eine Gartenbereich angelegt, die beiden Besprechungsräume auf der rechten Seite hingegen orientieren sich zur „Schlucht“. Die Höhlen-Analogie wird außerdem in den Innenwänden des Veranstaltungssaals ausgearbeitet, die in teilweise hinterleuchtete, polygonale Dreiecke zerlegt wurden. „Die verschiedenen Feiersituationen und deren Anforderungen“ haben zudem zu einem fünfeckigen Grundriss des Saals geführt. Übertrieben haben die Architekten diese Geste allerdings nicht – die Wände der restlichen Räume wurden rechtwinklig ausgeführt.
Zum Thema:
x architekten standen auf unserer „Shortlist 2011“ in der BAUNETZWOCHE#204
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Captain Kirk | 14.11.2011 20:52 Uhrspace age
Raumstation Kirche... bereit zum Abheben... genau das richtige für eine überholte Institution wie die Kirche, Triebwerke zünden und fort.
Um das Gebäude wärs allerdings schade. Das macht großen Spaß. Würden den Jesus vor der Raumschiffwand gerne mal live sehen - oder den vollkommen narrischen Innenhof.