Am Dienstagvormittag gab der Schweizer Heimatschutz die diesjährige Gewinnerin des seit 1972 von ihm jährlich verliehenen Wakkerpreises bekannt. Mit der Auszeichnung werden Schweizer Gemeinden geehrt, die sich in besonderer Weise um ihr Ortsbild und ihre Siedlungsentwicklung verdient gemacht haben. Nachdem man 2018 ausnahmsweise von diesem Prinzip abgewichen war und eine Stiftung ausgezeichnet hatte, darf sich in diesem Jahr die Stadt Langenthal im Kanton Bern über den Preis freuen. Er ist mit symbolischen 20.000 Franken dotiert, bringt den Gewinnerinnen aber vor allem öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung für die vollbrachte Entwicklungsleistung.
Und die war in Langenthal erheblich, denn mit dem abrupten Niedergang der im Ort ansässigen und einst florierenden Porzellanfabrik im Zuge der Globalisierung schlitterte die Stadt in den 1990er Jahren in eine tiefe Krise. Weil auch andere lokale Firmen zu schwächeln begannen, gingen bis zur Jahrtausendwende über 1.000 Arbeitsplätze verloren. Doch die Agonie war nur von kurzer Dauer – dank einer konsequenten Rückbesinnung auf die örtlichen Qualitäten. Mit guter Planung, vorausschauendem Investieren, kreativem Denken und viel Mut zur Innovation hat sich die Gemeinde so Stück für Stück revitalisiert und dabei auf Nachhaltigkeit und Qualität gesetzt. Heute kann sie wieder wirtschaftliches und bauliches Wachstum vorweisen, wie der Neubau der Firmenzentrale für 3M beispielhaft zeigt. Öffentliche Räume wurden aufgewertet, Quartiere verdichtet, zahlreiche Gebäude renoviert.
Für besonders preiswürdig befand der Schweizer Heimatschutz die konstruktive Auseinandersetzung Langenthals mit seinem reichen industriegschichtlichen Erbe: Fabrikareale, Arbeitersiedlungen, öffentliche Gebäude und Villenanlagen wurden systematisch inventarisiert und als zentrale Ankerpunkte für die künftige Entwicklung in der Planung festgeschrieben. Der Dialog und die Kooperation zwischen den involvierten Akteuren spielte dabei eine zentrale Rolle. Beispielsweise skizziert eine 2018 abgeschlossene, gemeinschaftliche Testplanung von Kommune und Investoren, wie aus der Brache der alten Porzellanfabrik längerfristig ein neues Stadtquartier werden könnte.
Fachleute des Städtebaus und der Denkmalpflege werden in Langenthal nicht erst dann beratend aktiv, wenn ein Baugesuch vorliegt, sondern begleiten Architekten und Investoren von der Ideensuche bis zur Baueingabe. Verschiedene Interessen und Vorstellungen werden in diesem kostengünstigen, auf 60 Tage angelegten Prozess kommuniziert – ein Abgleich, der im Idealfall Mehrwerte für Eigentümerschaft und Öffentlichkeit schafft.
Der Wakkerpreis wird am 29. Juni 2019 im Rahmen eines öffentlichen Festaktes in Langenthal offiziell an die Stadt übergeben. Über diese erschien zudem eine üppig bebilderte Publikation mit zahlreichen Hintergrundinformationen, die auf der Website des Schweizer Heimatschutzes geordert werden kann. (da)
Fotos: James Batten/Schweizer Heimatschutz, Gaëtan Bally/Keystone
Zum Thema:
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