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07.04.2016
Superfunktionaler Bunker
Schweizer Filmarchiv von EM2N erweitert
Filmleute gelten als lichtempfindliche Genossen – nicht, weil sie es nicht hell mögen, sie sind es schlichtweg nicht gewohnt. Ein Gebäude aus Glas wäre für den Erweiterungsbau der Cinémathèque suisse also zu viel gewollt gewesen. Die passende Antwort für den nun fertiggestellten Erweiterungsbau hatten Mathias Müller und Daniel Niggli von EM2N: 2007 hatte das Zürcher Büro den Wettbewerb für sich entschieden, drei Jahre später wurde gebaut. 2015 fertig gestellt, konnte das Ensemble nun bezogen werden.
Das Schweizer Filmarchiv mit Sitz in der Gemeinde Penthaz liegt keine zwölf Kilometer nordwestlich von Lausanne. Etwa 80.000 Filme fasst der Bestand und die Cinémathèque suisse archiviert alles, was in der Schweiz je im Kino gezeigt wurde, in sechsfacher Ausfertigung: je zwei Kopien mit deutschen, französischen und italienischen Untertiteln. Dieser Schatz lässt sich von außen kaum ablesen. 1948 in Lausanne gegründet, habe das Filmarchiv eine eher unprätentiöse Erscheinung, wie Müller und Niggli meinen: „eine Akkumulation aus Baracken“, die eben „mehr dem Inhalt als seiner Verpackung verpflichtet“ seien.
Mit dieser Ausgangssituation sind EM2N dementsprechend umgegangen. Basis des Entwurfs bildet ein ehrlicher Respekt gegenüber dem schwierigen Bestand, der durch monolithische Anbauten weitergedacht wird. Dass sie ein Gespür für solche Fälle haben, bewiesen EM2N zuletzt mit dem 2014 eröffneten Umbau für das Toni-Areal in Zürich. Auch in Penthaz haben sich die Architekten die vorhandenen Gebäudestrukturen zu eigen gemacht. Die aneinandergereihten Baracken werden überformt und in ein neues Ensemble aus parallelen Volumen unterschiedlicher Länge verwandelt. Mit den markanten, schräg abschließenden Kopfbauten wollen die Architekten dem Filmarchiv ein Gesicht verleihen.
Die Überlagerung lassen sie auch im Inneren spürbar werden. „Die drei übereinanderliegenden Haupterschließungen durchstoßen die parallelen Schotten senkrecht und machen so die sequentielle Anordnung der Balken erlebbar“, erläutern EM2N. Für eine perspektivische Tiefe sorgen die eingehängten Konferenzzimmer in den zweigeschossigen Hallen, die durch Fenster miteinander verbunden sind und Assoziationen zu Filmeffekten wie Montage und Schnitt wecken sollen.
Auf insgesamt gut 13.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche befinden sich ein Archiv, Auditorien, eine Bibliothek, Büros, Konferenzräume, Werkstätten, ein Foyer und natürlich ein Kino. Im Archiv bleibt es dunkel – es wurde als ein rein unterirdisches Lager geplant. Penthaz II sei ein „superfunktionaler Bunker“, sagen Mathias Müller und Daniel Niggli, ein Bunker, der den optimalen Schutz der Artefakte sicherstelle. Die Fassade aus Corten-Stahl wird mit den Jahren verwittern und rosten – ein architektonischer Verweis auf die Nutzung als Archiv. Hoffentlich werden die 80.000 eingelagerten Filme dann noch weitaus besser erhalten sein. (jk)
Fotos: © Roger Frei, Zürich
Zum Thema:
www.cinematheque.ch
Denkmalschutz ohne Denkmalpfleger:
Baunetzwoche#439 „Weiterbauen“
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