Der Begriff „Etatismus“ stammt aus Frankreich und der französische Staat selbst bleibt bei seiner etatistischen Tradition. Ob Sarkozys „Grand Paris“ oder die Initiative der Région Pays de la Loire, das Land investiert beständig in seine öffentliche Infrastruktur. Jetzt wurde auf einer städtebaulich vernachlässigten Loire-Insel in Nantes ein großer Schul- und Kulturkomplex errichtet. Auf 25.000 Quadratmetern bietet er ein internationales Lycée für 1.500 Schüler, einen Internatstrakt mit Einzel-, Doppel- und Vierbettzimmern, einen Wohnbereich für Mitarbeiter, eine Cafeteria mit 1.000 Sitzplätzen, zwei Sporthallen, eine Außensportanlage und ein städtisches Konservatorium mit Bühnensaal. Umgeben wird das Ensemble von einem Park.
Nach einem internationalen Wettbewerb, an dem unter anderem SANAA oder Dominique Perrault teilnahmen, setzten sich 2011 Francois Lecrlercq Architectes Urbanistes aus Paris mit ihrem Entwurf durch. Herzstück ihrer Anlage auf der Loire-Insel ist das Lycée Nelson Mandela. Sein Gebäude mit breitem Satteldach vereinigt drei funktionale Volumen. Über eine innere Straße, mittig entlang der Scheitellinie des Satteldachs durch den Bau gezogen, sind die einzelnen Gebäudekörper miteinander verbunden.
Die Klassenräume flankieren auf drei Etagen den zum Atrium ausgebauten Parcours, an seinem einen Ende befinden sich der „häusliche Bereich“ – dazu zählen der Internatstrakt, die Cafeteria und der Wohnblock für die Mitarbeiter – an seinem anderen ist ein Volumen für Unterricht und Lehre in den zentralen Bau integriert. Hier befinden sich die Sporthallen und eine Bibliothek.
Das Studio von Francois Leclercq, der den Kontext als ein wichtiges Motiv seiner Architektur versteht, arbeitet bei dem zentralen Lycée-Gebäude mit Holz und Beton. Latten aus Strandkiefer – traditionell in der atlantiknahen Region genutzt – bilden die Verkleidung des breiten Volumens. Wände sind aus massivem Beton, während das Dach aus einer komplexen Holzbalkenkonstruktion besteht. Halt und Flexibilität soll diese statische Struktur auf dem sandigen, erdbebenanfälligen Inselboden geben. Eine Eichenverkleidung der Innenräume dämpft die Akustik.
Leclerqs Konservatorium ist ganz anders. Im starken Kontrast zum breiten Satteldach-Bau des Lycées tritt dieses als geschlossener Betonquader hervor. Gänzlich in eine matte Metallverkleidung gehüllt, ist lediglich sein Eingangsbereich mit einem konzentrierten Fenstersteinschnitt markiert. Ein kleiner Verwaltungstrakt tritt ebenfalls monolithisch hervor, erneut aus Beton, aber mit Haustein verkleidet. Francois Leclerqs Begründung klingt simpel: „The right material at the right place“. (sj)
Fotografie: Takuji Shimmura , Cyrille Weiner , Stephane Chalmeau
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joscic | 20.07.2015 10:07 UhrSchön häßlich,
funktioniert aber bestimmt gut. - Auch wenn viele Räume keine direkte Außen-belichtung/belüftung haben. An Sonnentagen dürfte sich da einiges an Hitze entwickeln, die irgendwie abeführt werden muß, oder? Die Dachrinne ist ja wohl gigantisch. Die gezeigten Details sind leider nicht besonders interessant. Ich hätte da lieber gesehen, wie die aus dem Konzept des - alles unter einem Dach - entstehenden Probleme gelöst wurden. Was das ganze mit Etatismus zu tun hat, erschließt sich mir nicht, es gab wohl zu der Architektur nicht viel zu sagen. Daß in Frankreich mit Erdbeben zu rechnen ist, war mir aber auch nicht bekannt.