Schulbau an einer sechsspurigen Hauptverkehrsachse ist keine ganz einfache Sache. Wie man mit einer solchen Herausforderung geschickt umgehen kann, zeigen hey! architektur (München) im 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau. Dort galt es, die Volksschule an der Ecke Leystraße / Adalbert-Stifter-Straße zu einer kombinierten Volks- und Mittelschule mit 26 Klassen zu erweitern.
Die Architekt*innen sahen sich mit einem Bestandsgebäude aus der Zeit um 1900 konfrontiert. Es bestand aus einem Haupttrakt an der Leystraße, einem Quertrakt im Hinterhof und einer kleinen Turnhalle zwischen diesen beiden viergeschossigen Gebäudeteilen. Direkt nördlich des Ensembles liegt die sechsspurige Adalbert-Stifter-Straße. Die namensgebend Leystraße ist eine eher ruhige Anwohnerstraße.
Ende 2020 konnten die Architekt*innen den offenen Wettbewerb für die tiefgreifende Umgestaltung des historischen Ensembles für sich entscheiden. Denkmalpflegerische Aspekte waren nachrangig. Nur die Fassade des Haupttrakts an der Leystraße sollte möglichst originalgetreu erhalten werden. Quertrakt und Turnhalle wurden abgerissen, da das geforderte Raumprogramm dort nicht hätte untergebracht werden können.
Anstelle dessen platzierten die Architekt*innen ein tiefes L-förmiges Volumen in Richtung der nördlichen Adalbert-Stifter-Straße und der westlichen Rückseite. Vom Bestand setzt es sich durch eine Metallfassade ab, die zugleich als Rankhilfe für künftige Begrünung dienen soll. Der Neubau schirmt den nach Süden offenen Schulhof vom Lärm ab und schafft reichlich neuen Raum. Dafür wurde auch ein Parkplatz nördlich des Bestands überbaut. Um hier trotzdem noch PKWs abstellen zu können, wurde der Neubau aufgeständert. Über dem offenen Erdgeschoss liegen nebeneinander zwei Turnhallen, darüber wiederum eine großzügige Dachterrasse samt Bolzplatz. Auch die Sonderunterrichtsräume und die Verwaltung befinden sich im neuen Bauteil.
Im Schulhof fallen die farbigen Treppenläufe und die großzügigen Terrassen auf, die die Unterrichtsbereiche direkt mit dem Außenraum verbinden. Diese sind in ihrer Organisation an den Prinzipien einer Clusterschule orientiert, auch wenn insbesondere im Altbau gewisse Zugeständnisse gemacht werden mussten. Jedenfalls wurden in Neu- wie Altbau Flurbereiche als offene „Multifunktionsräume“ definiert.
Seit Anfang des Schuljahrs ist der Neubau mit seinen 11.350 Quadratmetern Bruttogrundfläche in Betrieb. Die Architekt*innen verantworteten die Leistungsphasen 1-7 als Generalplaner mit „künstlerischer Oberbauleitung“. Die Kosten geben sie mit 28,5 Millionen Euro netto (Kostengruppen 200-500) an. (gh)
Fotos: David Schreyer
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hey! architektur stellten im Rahmen unserer Baunetzwoche#642 ihr derzeit laufendes Pilotprojekt in Augsburg für den Gebäudetyp-e vor.
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