Von Gregor Harbusch
Als Daniel Schilp vor einigen Jahren in Berlin-Weißensee spazieren ging, fiel ihm ein schlichter Plattenbau auf. Obwohl der einhüftige Fünfgeschosser vom Typ Berlin SK wirklich nichts mit der Formensprache Rudolf Steiners zu tun hat, hatte sich hier eine Waldorfschule eingerichtet. Schilp – selbst ehemaliger Waldorfschüler – kam ins Gespräch und erfuhr von anstehenden Baumaßnahmen. Ende 2014 konnte er zusammen mit seinen Partnern André Schmidt und Jonas Greubel am geladenen Wettbewerb der Freien Waldorfschule am Prenzlauer Berg für den Hortneubau teilnehmen. Ihr Büro MONO Architekten hatten die drei erst im Vorjahr gegründet. Sie setzten sie sich gegen elf Konkurrenten (davon fünf Büros aus der Elternschaft der Schule) durch.
Das Ergebnis ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert. Erstens handelt es sich um ein ökologisches Bauprojekt, das im Bundeswettbewerb HolzbauPlus 2019 in der Kategorie „Öffentliches Bauen – Neubau und Bauen im Bestand“ ausgezeichnet wurde. Zweitens steht das Haus als Beispiel im aktuell viel diskutierten Bau von dringend benötigten Schulplätzen, den der Berliner Senat mit modularisierten und typisierten Schulbauten beantworten will.
Hort in Holz
Der Hort umfasst sechs Gruppenräumen für 150 Kinder und ist den Ideen der Waldorfpädagogik verpflichtet. Der wabenartig aufgebaute Grundriss, die leicht gekippten Traufkanten und die Fassade aus unbehandelten Lärchenholzbrettern unterschiedlicher Größe schaffen einen bewegten Baukörper und ein kleinteiliges Wechselspiel von Innenräumen und Außenbereichen. Die sechs Gruppenräume sind paarweise angeordnet und werden über eine gemeinsame Garderobe mit Einbaumöbeln aus Weißtanne erschlossen. Über den niedrigen Garderoben liegen Spielgalerien, die als Rückzugsorte dienen und sich in der Dachlandschaft klar abzeichnen.
Errichtet wurde das Haus als Holzständerbau mit nichttragender Strohballendämmung, die innen mit Lehm verputzt ist. In den Putz ist eine Wandheizung integriert. Wände samt Strohverfüllung wurden in Segmenten vorgefertigt. Die leicht geneigten, extensiv begrünten Dachflächen wurden als Sparrendach mit eingeblasener Zellulosedämmung realisiert. Bei den zwei langen Wänden im Kern des Baukörpers entschieden sich die Architekten für eine Holzständerwand mit Lehmgranulatschüttung.
Finanzierungsfragen
So ambitioniert die Realisierung auch ist, so günstig konnte man bauen. Der Quadratmeter BGF schlug mit 1.720 Euro brutto zu Buche. Realisierbar war das letztlich nur mit Hilfe von Tischlern und Zimmerern der Knobelsdorff-Schule Oberstufenzentrum Bautechnik in Spandau – ein Ausbildungsbetrieb, der nur für die öffentliche Hand und für gemeinnützig Träger bauen darf und sehr günstige Preise anbieten kann. Man müsse sich darauf einlassen, betonen die Architekten, dass statt drei Zimmerern eben zwanzig auf der Baustelle unterwegs seien und dass man mehr Ressourcen in die Bauleitung stecken müsse. Auf Basis der Werkplanung programmierten die Azubis auch die Abbundmaschine, was angesichts der Rundungen am Baukörper nicht einfach war. Man habe viel angespart, um diesen ambitionierten Neubau finanzieren zu können, betont Esther Knoblich, die Geschäftsführerin der Schule. Die Elternschaft wurde um Bauspenden gebeten.
Fassadensanierung des Plattenbaus
Dass der Hort das Schmuckstück der Schule ist, bemerkt, wer den Bereich der Schule im Plattenbau betritt. Dieser wurde von Schadstoffen befreit und hergerichtet, kann aber – trotz mancher Einbauten und Details in Holz – den Geist des durchrationalisierten Alltagsbauens in der DDR nicht verleugnen. MONO Architekten konnten die Fassaden energetisch ertüchtigen. Für die beiden Längsfassaden entwarfen sie eine selbsttragende Holzständerkonstruktion mit Isolierglasfenstern, die sie bei laufendem Schulbetrieb vor den Bestand stellten.
Zum Bedauern aller Beteiligten war ökologisches Dämmmaterial aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisierbar. Sparen musste man schließlich auch an der zur Straße orientierten Westfassade. Hier wurden die ursprünglichen Fensterbänder durch eine spielerisch rhythmisierte Lochfassade ersetzt, die an einigen Stellen mit raumhohen Fenster überrascht, die großartige Ausblicke schaffen. Die einhüftige Bauweise nutzten die Architekten, um ein natürliches Lüftungskonzept ohne mechanische Unterstützung durchzusetzen.
Die Fassadensanierung ist nur ein weiterer Schritt der Schule, sich grundlegend zu erneuern. Momentan läuft die Neugestaltung der Außenanlagen durch das Beliner Büro gm013 Landschaftsarchitekten, die bereits die Freiraumplanung des Schulhofs im Zuge des Hortneubaus erledigten. Danach möchte die Schule die ehemalige Kaufhalle quer gegenüber zum Saalbau transformieren.
Fotos: Gregor Schmidt
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STPH | 03.04.2019 09:47 Uhr...und tags brennt das Licht
Schöner Kontrast Moderne, Vormoderne.
Trifft sich hier nicht Waldorf mit Hundertwasser in der Höhle?. Zum Glück gibt es da noch das innen strahlend helle Relikt aus der Moderne.
Der Computer leuchtet heute oft heller als die Natur hinter den Scheibenpaketen.
Das ist heute die größte Herausforderung und der Qualitätsmaßstab. Vergesst die Fassadenspiele.
Es gibt viel zu tun: Lichtsanierung
Wie im Film Themock: weitere Löcher in die Wand hauen.