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22.03.2017

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Geometrische Lernerfahrung

Schule von Schulz und Schulz in Regensburg


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Die klassische Moderne der Zwanzigerjahre, mit ihren klaren kubischen Formen, ihren horizontalen Gliederungen und ihrer präzise Materialwahl, hat es Schulz und Schulz (Leipzig) angetan. Das ist spätestens seit ihrer preisgekrönten St. Trinitatis Kirche in Leipzig bekannt. In Regensburg bauten die Architektenbrüder auf dem Konversionsgebiet einer ehemaligen Bundeswehrkaserne nun eine berufliche Oberschule. Die Architektur dieses Gebäudes für 1.400 Schüler und 120 Lehrer ist ganz bewusst auf ein Vorbild aus dem Bauhaus-Umfeld bezogen: die Gewerkschaftsschule von Hannes Meyer in Bernau von 1930.

Wie Meyer fächern auch Benedikt und Ansgar Schulz den Bau der Berufsoberschule aus einzelnen, sich wiederholenden Baukörpern zu einem verspringenden Riegel auf, der in Regensburg eine Länge von 150 Metern erreicht. Meyer nutzte viergeschossige Kuben, bei der Neuinterpretation sind es nun viergeschossige Winkel. Während Meyer seine weitaus kleineren Würfel versetzt anlegte, bleiben die drei großen Volumen in einer Flucht. Jedoch folgen sie in Regensburg der Hanglage des Gelände und sind leicht abgetreppt. Innen greifen die Architekten diesen Höhenunterschied mit Zwischengeschossen auf.

Selbst pädagogisch lassen sich Parallelen zu Hannes Meyer finden. Meyer war als kurzzeitiger Direktor des Bauhauses bekanntlich Anhänger einer reformierten Lehre, neue Lern- und Lehrmethoden werden aber auch in Regensburg aufgegriffen: Die einzelnen Gebäudewinkel formulieren Zonen, die jeweils einem Lehrbereich der Oberschule zugeordnet sind. Ein langer Gang, oder schöner: eine „Promenade“, verbindet die drei Bereiche Technik, Wirtschaft und Soziales. Zwischen Lehrzimmern und Erschließungsweg richteten Schulz und Schulz offene Lern- und Kommunikationsräume mit Sitzen und Tischen ein, die zugleich zum ruhigen Hofbereich orientiert sind. Alles in allem lässt sich dieses Raumkonzept unter dem derzeit wieder modernen Begriff der „offenen Lernlandschaft“ zusammenfassen, auch wenn die Gestaltung in ihrer Strenge deutlich zeitloser ist.

Durch den Bau zieht sich eine – man kann es schon sagen – für das Leipziger Büro typische Akkuratesse und geometrische Ordnung. Außen wird diese durch das besondere Ziegelformat der Fassade nochmals hervorgehoben. Die grau-beigen Klinkersteine sind mit 34 x 7,5 Zentimeter flacher als üblich und dehnen den Bau subtil in die Horizontale. Alle Anschlusspunkte wie Fensterlaibung, Fenstersturz, Fensterbank und Attika sind ebenfalls in diesem Klinker ausgeführt und fallen durch ihre präzise Ausarbeitung auf. Zusätzliche Akzente durch andere Materialien wären da schlicht überflüssig gewesen. (sj)

Fotos: Stefan Müller-Naumann


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

10

claus | 26.03.2017 23:02 Uhr

greige in beige - Baukultur und Marketing

Sicher, die handwerkliche Ausführung scheint im Detail wirklich gut gelungen, allerdings wirkt der Komplex auf den Bildern recht klobig. Im Modell schien das besser zu funktionieren. Mit den greigen Klinkern kann ich mich nicht so recht anfreunden, die Fassade wirkt irgendwie zu flach, unterkomplex. Im Inneren kommt mir das Ganze fast steril vor. Man kann es als aus einem Guss bezeichnen, für mich wäre hier aber ein Bruch wünschenswerter gewesen. Vielleicht mögen einige sagen, es würde sich in diesem Fall "nur" um eine Berufsschule handeln, die Schüler wären also bereits (quasi) erwachsen und bedürften keiner Spielereien oder Brüche. Das aber hätte nun wirklich nichts mehr mit dem ganzheitlichen und reformatorischen Bauhausansatz zu tun.

Und hier liegt, für mich das eigentliche Ärgernis dieser Meldung; präzise nämlich an der, arg an den Haaren herbeigezogenen, Marketing-Prosa um Hannes Mayer.

Die in meinen Augen einzig wirklich sichtbare Parallele zu Bernau ist die Modulwiederholung. Material, Licht, Farbe, Fensterformate und Fassadenvariation? Nirgends eine echte Variation des angeblichen Vorbilds. Ich weiß, ich weiß: Brandschutz, TGA, EnEV, Dienst-nach-Vorschrift-Behörden und der Verlust der handwerklichen Kompetenz der Bauindustrie, alles nicht so einfach. Stimmt auch. Aber ein (im eher positiven Sinne) einfaches Schulgebäude hier als Wiedererweckung der klassischen Bauhaus-Moderne zu deuten ist etwas, naja, albern. Ein "langer Gang" wird noch längst nicht zu einer "Promenade", nur weil man ihn als solche bezeichnet.

9

Johann Maier | 23.03.2017 22:05 Uhr

Gediegener Beamtenstil

So eine sterile Atmosphäre wirkt bestimmt inspirierend. Man braucht schon viel Phantasie, um an die Schule in Bernau zu denken. Solche leblosen Farbtöne fand ich schon als Kind befremdlich.

8

LAMAA | 23.03.2017 10:39 Uhr

Aus einem Guss

Sehr schön!
Solch einen Bauherrn möchte ich auch einmal haben, kein Attikablech, keine Blechsohlbank, einfach nur Stein!

Herzlichen Glückwunsch

7

Dirk | 23.03.2017 09:22 Uhr

Fragt die Schüler...

Auslobungsvorgaben, Politik, Flächen, Kosten, Brandschutz, Wege, Umgebung... Vieles engt die Möglichkeiten ein. Mal so richtig aus dem Vollen schöpfen und freie Ideen einbringen, und dann trotzdem umweltgerecht, geregelt, hoffnungsvoll und mit Herz zu planen und zu bauen würde ich so manchem Wettbewerb - gerade bei Schulen - wünschen.

Fragt doch mal die Schüler - vorher. Lasst sie Teil des Preisgerichts sein. Ich glaube, es gibt noch viele Möglichkeiten zwischen Zen und Zinnober.

6

million | 23.03.2017 09:01 Uhr

Missverständnis?

Ich verstehe JH_LNDs Kommentar eigentlich dahin, dass die Grundrisse sich nicht großartig von denen vor 100 Jahren unterscheiden (Gang mit Klassenzimmer an Klassenzimmer) und dass das soweit akzeptiert ist, solange die Hülle nicht aussieht wie vor 100 Jahren. Zwischenzeitlich gab es schon mal andere Konzepte für Schulen und in anderen Ländern wird auch ganz anders gebaut. Darüber kann man aber eher auf einer pädagogischen Ebene diskutieren. Frontalunterricht - ja oder nein, Klassenraumprinzip vs. Lehrerraumprinzip, Ganztagsbetreuung und ähnliche Fragen.

5

Max | 22.03.2017 21:15 Uhr

@akki

Wirklich toll, was da gerade am Römer entsteht. Und es ist wirklich eine Unverschämtheit, dass die Schulzens Fenster verbauen, mit Wänden arbeiten und das Ding sogar ein Dach hat, ja sogar mehrere. Kopie Kopie Kopisten! müssten jetzt die Massen schreien und daran anschliessend ein Kreuzchen bei Frau von Storch machen, denn die würde das sicherlich nicht zulassen. Hoffentlich gibts bald wieder Heimatstil, ich will auch Weimar zurück und dann kümmern wir uns ums Führungspersonal.

4

OLH | 22.03.2017 19:29 Uhr

Nörglereien

Klarheit, Struktur, Ruhe, Ablesbarkeit, Weite, Ausblick, Kontemplation, Großzügigkeit, Materialität, Wertigkeit

Wenn das kein pädagigisches Konzept ist, was dann?

3

Akki | 22.03.2017 18:55 Uhr

@JH_LND

Ganz genau !
Das ist sehr irritierend, eben Baunetz-Logik..

Was dann los wäre, sieht man ja bei den Baunetz Meldungen samt Kommentaren zu allem was angeblich "historisierend" ist, z.B. Barberini-Palais oder Stadtschloß oder Römerberg.

Die Bauhaus-Mottenkiste öffnen, das geht immer, da darf man sich bedienen, auch wenn es zu noch so belanglosen Ergebnissen führt !

2

JH_LND | 22.03.2017 17:33 Uhr

Irritirend...

...dass es völlig OK zu sein scheint, fast 100 Jahre alte Formen zu recyceln, solange das Dach flach und die Bauform kubisch ist. Ich wüsste ja gern, was hier los wäre, wenn jemand anfinge, wieder Schulen im gemütlichen Look des Heimatstils zu bauen, so richtig mit Walmdach und Sprossenfenstern...

1

staubmeier | 22.03.2017 16:38 Uhr

was nutzt es dem pennäler ...


... wenn er "Hannes Meyer"

allenfalls für eine jeans-marke hält.

als schüler würde ich die hose vielleicht anziehen.

aber die schule steht ja noch in 50 jahren.

oder?

es lebe die schule!

aber nicht diese.

 
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