Als weithin sichtbarer Solitär steht die neue Schule von Orsonnens auf einem Hügel am Rand des nahe Fribourg gelegenen Dorfes. Der exponierte Kubus strahlt Gediegenheit aus und nimmt in Form und Bauweise deutlich Bezug auf die traditionelle Architektur der Region. Als „Grangécole“ – zu Deutsch: Scheunenschule – bezeichnen TEd’A arquitectes aus Palma de Mallorca denn auch auf treffende Weise den von ihnen konzipierten Bau. Mit ihrem vernakulär orientierten Entwurf gewannen die Mallorquiner den 2014 von der Commune de Villorsonnens ausgeschriebenen Wettbewerb für eine neue Dorfschule. Die Realisierung vor Ort erfolgte in Zusammenarbeit mit dem in Vevey ansässigen Büro Rapin Saiz Architectes. Das Budget für den 2017 fertiggestellten Neubau lag bei 7.700.000 Schweizer Franken.
Die klare Struktur, das schlichte Äußere und das großräumige Innenleben alpenländischer Scheunenkonstruktionen standen Pate für das Schulgebäude mit seinen 2.450 Quadratmetern Geschossfläche. Dunkle Holzschindeln, Kupferelemente und Beton – teilweise mit Ornamenten in Form eines vierblättrigen Kleeblatts verziert – prägen die Fassade des Baus, der sich damit ganz selbstverständlich in die umgebende Landschaft und den Dorfcharakter einfügt – und trotzdem ganz eigene Akzente setzt. Die Architekten folgen mit ihrer Gestaltung dem Prinzip „gestörte Regelmäßigkeit“: Sie haben die lokale Scheunenarchitektur gründlich studiert, wandeln Form, Verkleidung und Innenraum jedoch so ab, dass keine formale Strenge, sondern spielerische Heiterkeit entsteht.
Die Erschließung erfolgt über einen zu beiden Seiten offenen Eingangsbereich mit zwei eindrucksvollen Stützen aus je drei versetzt gestapelten Steinblöcken. Das ganz in Holz gehaltene Innere mit offenliegenden Balken wird durch einen zentralen Freiraum dominiert: ein vertikal orientiertes Atrium, das als räumlicher Mittel- und sozialer Treffpunkt fungiert. Strukturiert wird dieser „leere Kern“ durch einen sich oben verzweigenden Mittelpfeiler. Um diesen herum sind die Schulräume wie große Flügel angeordnet. Die Geschossplatten aus Beton kragen als versetzte Halbkreise in die Halle aus.
In dieser Setzung und Präsenz der Schule artikuliere sich eine selbstbewusste Haltung zur fortschreitenden Urbanisierung der ländlichen Region, kommentiert Steffen Hägele in der Zeitschrift werk, bau + wohnen das Projekt. Er sieht diesbezüglich gar Parallelen zur Ausstrahlungskraft italienischer Renaissancevillen, die damals die Vorboten einer zunehmenden Verstädterung waren: „Wurden in der Renaissance die feudalen Herrschaftsverhältnisse repräsentiert, manifestiert der prominente Neubau heute die gleichberechtigte Bildung auch abseits der Metropolen.“ (da)
Fotos: Luis Diaz Diaz
Zum Thema:
Die ausführliche Besprechung von Steffen Hägele findet sich in werk, bau + wohnen 4/2018.
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lollo | 04.06.2018 22:23 Uhrunverkennbar..:
... man(n) sieht, dass hier eine Architektin die (vielleicht Ober-) Hand im Spiel hat,
die weiß, was Kinder brauchen ...!
Großes Kompliment!