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04.12.2020

Scheune oder Dörfchen?

Schule in St. Gallen von Felgendreher Olfs Köchling


Vor ziemlich genau fünf Jahren hat das junge Berliner Büro Felgendreher Olfs Köchling den offenen Wettwerb für die neue Primarschule im Örtchen Azmoos im Kanton St. Gallen gewonnen. Im August 2020 ist das neue Schulhaus nahe der Grenze zu Liechtenstein nun in Betrieb genommen worden – und es sieht tatsächlich so aus, wie in den Renderings versprochen!

Das ist keine Selbverständlickeit für ein Gebäude mit 5.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche, das die Jury als „ungewöhnliches Schulhausprojekt“ bezeichnet hatte, das „herkömmliche Konventionen aufbricht“. Der Aufbau des Obergeschosses, so die Jury weiter, gleiche einem kleinen Dorf mit einer großen Halle als Dorfplatz, den Fluren als breite Straßen und den Klassenräumen als Häusern. Zu dieser Assoziation trug vielleicht auch die Dachform bei, die sich über dem großen Gebäude zu fünf breiten Satteldächern auffaltet. So erscheint das 58 auf 40 Meter große Gebäude von allen Seiten anders und „erzählt in seiner Gestalt von der Geschichte des Ortes als ehemals landwirtschaftlicher genutzter Raum zwischen zwei Ortskernen“, so die Architekt*innen. 

Vor allem: Innen bleibt dieser gefaltete Dachraum über den Klassenräumen offen, so dass der Blick hinauf wandern kann. Die lichte Raumhöhe steigt von 2,30 Meter auf fünf Meter unter dem First an. Für die Belichtung sorgen sowohl vergleichsweise kleine Fenster in den Außenwänden als auch große Oberlichtbänder, die jeweils nach Norden in die Dachflächen eingesetzt wurden und über die gesamte Gebäudebreite reichen. Ihre Entsprechung finden sie in Photovoltaik-Elementen, die jeweils an der gleichen Stelle auf der Südseite der Satteldächer angebracht wurden. Innen sorgen die unterschiedlichen Raumhöhen und wechselnden Lichtverhältnisse für eine abwechslungsreiche Atmosphäre. Die unterschiedlichen Räume lassen sich zudem für verschiedene Unterrichtsformen gruppieren.

Mit neun Klassenräumen, vier Werkräumen, einer Aula, Bibliothek und Turnhalle sowie einem Kindergarten gleicht das Gebäude tatsächlich einem Dorf mit Platz für bis zu 200 Schüler*innen. Das Haus ist ein Holzbau in Elementbauweise, die Außenwände erfüllen als hochgedämmte Holztafeln den Schweizer Minergie-A-Standard. Das Untergeschoss und die Fluchttreppenhäuser sind aus Ortbeton, die Fassaden bestehen aus dunkel lasiertem Lärchen- und Fichtenholz aus dem Gemeindewald. Über der Turnhalle und den Fensterstürzen liegen Stahlträger. Das Holz und das kupfergedeckte Dach verweisen auf ländliche Typologien wie Scheunen, Bauern- oder Werkhöfe.

Das Schulhaus wurde so platziert, dass zwei große Freiräume mit unterschiedlichen Qualitäten entstehen, die sich mit den Innenräumen verbinden: „Im Süden der großzügige Rasenplatz mit dem Charakter einer Festwiese und dem Bezug zur Kirche. Im Norden der kleinteilige, romantische Obstgarten am Weg als Schuleingang. Der Kindergartenanbau formt einen intimen Vorplatz mit Brunnen, die Eingangshalle verbindet den Vorplatz mit den überdachten Pausenräumen zum Sportplatz.“

Wen wundert es bei diesem Haus, dass Felgenhauer Olfs Köchling neben diesem offenen Wettbewerb noch zwei weitere in der Schweiz gewinnen konnten, diesmal für zwei Werkhöfe, von denen der eine im April 2021 in Betrieb genommen werden soll. (fh)

Fotos: Georg Aerni


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