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05.05.2023

Robuste Lernstruktur in Basel-Landschaft

Schule in Laufen von Thomas Fischer Architekten


Drei ähnlich konzipierte und äußerst bemerkenswerte Schulen haben Thomas Fischer Architekten (Zürich) in den letzten Jahren fertiggestellt. Im letzten Jahr eröffnete die Schulanlage Freilager in Zürich-Albisrieden. Bereits 2018 ging die Primarschule Neuhegi im nahen Winterthur in Betrieb. 2021 wurde die Sekundarschule in der Kleinstadt Laufen im Kanton Basel-Landschaft fertig. Um Letztere soll es hier gehen.

Als Fischer und sein Team 2016 den Wettbewerb für Zürich-Albisrieden gewannen, schrieb BauNetz, er sei einer der „radikalsten Schulbaumeister der jüngeren Zeit“. Das klingt ein wenig pathetisch, trifft aber doch den Kern der Sache, wie bereits ein schneller Blick auf das Haus in Laufen beweist, das für 20 Klassen angelegt ist und über die üblichen schulischen Einrichtungen wie Doppelsporthalle, Aula und Mediathek verfügt. Für umgerechnet rund 40 Millionen Euro (BKP 2, entspricht den KG 300/400) entstand ein kompakter Baukörper mit 8.400 Quadratmetern Geschossfläche, der mit seiner technisch schlichten Außenhülle und den Sheddächern eher an eine Produktionshalle als an eine Schule denken lässt.

Der Neubau ersetzt zwei verschachtelte und weitläufige Bestandsgebäude aus den Jahren 1963 und 1972, über die die Architekt*innen schreiben, dass sie „infolge starrer Gebäudestrukturen übermäßig sanierungsbedürftig und nicht anpassungsfähig“ waren. Deshalb wurde 2014 ein anonymer, zweistufiger Wettbewerb für einen Ersatzneubau ausgelobt, der bei laufendem Betrieb neben dem bestehenden Gebäudekomplex realisiert werden sollte.

Thomas Fischer Architekten schreiben, dass das Haus einen „Paradigmenwechsel im Verhältnis von Tageslichtnutzung und modernem Unterricht“ einleite. Das klingt sehr selbstbewusst und erinnert in seiner technischen Sprache arg an klassische Schulbaurichtlinien, ist aber völlig richtig und verrät doch nur im Ansatz, welche architektonischen Qualitäten und welch pädagogisches Potential im Neubau stecken.

Lernlandschaft unter Sheds

Die Pointe des Dreigeschossers ist die Stapelung der Funktionen, die ihren Höhepunkt im zweiten Obergeschoss findet. Unter dem sich nach Norden öffnenden, 45 x 57 Meter weiten Sheddach liegt der Großteil der Unterrichtsräume, stringent entsprechend der Logik des konstruktiven Rasters geordnet, dabei aber offen und transparent als hierarchiefreie Teppichstruktur realisiert. Eine herkömmliche „Korridorschule“ wird hier keiner erwarten. In der Tat hat man es mit sechs Raumzonen zu tun, anhand derer sich der Grundriss gliedert: zwei offene Gemeinschaftszonen bilden das Rückgrat, von dem aus die vier Zonen mit den eigentlichen Unterrichtsräumen erschlossen werden.

In ihrem Wettbewerbsprojekt 2014 schlugen Thomas Fischer und Team eine offene Lernlandschaft vor, wie sie von vielen progressiven Pädagog*innen gefordert wird. Während der Planung wurde diese jedoch aus schulpolitischen Gründen zurückgenommen zugunsten einer etwas konventionelleren Raumaufteilung. Die zwei offenen Gemeinschafts- und Erschließungszonen wurden weitgehend so umgesetzt wie ursprünglich geplant. Die vier Zonen mit den Unterrichtsräumen mussten jedoch umgeplant werden. Hier findet man nun sauber getrennte und aufgereihte Klassenräume, die freilich durch raumhoch vollverglaste Wände zu den Gemeinschafts- und Erschließungszonen trotzdem ein Maximum an Transparenz aufweisen.

Unterhalb dieser obersten Raumschicht sind insbesondere die dreigeschossige Doppelturnhalle (deren Boden auf Höhe des Untergeschosses liegt) sowie die Aula im Erdgeschoss erwähnenswert, die sich mit einer voll verglasten Längswand zur Turnhalle öffnet und als multifunktional bespielbarer Raum ausgelegt ist, wie die drei Bespielungsvarianten des Grundrisses zeigen, die das Büro veröffentlicht hat.

Robuste Referenzen

Wer sich in der Schulbaugeschichte der Nachkriegszeit auskennt, kann deutliche Parallelen zwischen dem Ansatz Fischers und den reformpädagogischen Schulbauexperimenten der Zeit um 1970 erkennen. Als der Wettbewerbsgewinn 2014 in der Schweizer Zeitschrift werk, bauen+ wohnen publiziert wurde, zog die Redaktion etwa Verbindungen zum Entwurf des Berliner Architekten Ludwig Leo für die Laborschule Bielefeld aus dem Jahr 1972.

Gegenüber BauNetz betonte Fischer, dass diese historischen Schulbaukonzeptionen ihn nur „indirekt oder unbewusst“ erreichten. Vielmehr inspirierten ihn zeitgenössische Zürcher Bauten wie Peter Märklis Schulhaus Im Birch mit seiner Cluster-Ordnung aus dem Jahr 2004 oder das kompakt geschichtete Schulhaus Leutschenbach mit den charakteristischen V-Stützen an der Fassade von Christian Kerez und Ingenieur Joseph Schwartz, das 2009 eröffnete.

Raumhohe Fachwerkträger sind in Laufen insbesondere auf der obersten Ebene essentiell, erlauben sie doch die stützenfreie Überspannung der darunter liegenden Ebenen. Das Raumfachwerk bezeichnen die Architekt*innen als „pragmatisches und kraftvolles Gerippe“. Wie auch an manch anderer Stelle des Hauses wird hier augenscheinlich, dass es nicht um feine Detaillierung und edelste Ausführung auf bewährt hohem Schweizer Niveau ging, sondern um die Produktion von Räumen, die zugleich robust sowie flexibel sind.

Erwähnenswert ist hier auch, dass die Architekt*innen in ihrer Projektbeschreibung auf die Herausforderungen des hohen Kostendrucks und des Generalunternehmer-Modells verweisen. Eher sportlich als frustriert klingt jedoch letztlich die Selbsteinschätzung, das realisierte Haus sei bereits ein „erster Umbauschritt“. Architektur und Schule sind eben Prozesse, oft voller Leidenschaft, manchmal aber eben auch harzig – wie man in der Schweiz so schön bildhaft sagt. Robuste Strukturen helfen da weitaus mehr als feine Proportionen und edle Materialisierung. (gh)

Fotos: Julian Salinas


Zum Thema:

Mehr zur Akustik in Unterrichtsräumen bei Baunetz Wissen


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