Als „vornehmste Aufgabe der Bauverwaltung“ galt der Schulbau in Hannover unter Oberbaudirektor Rudolf Hillebrecht in den Sechzigerjahren, als die Architektur direkt in den Behörden entworfen wurde. Ähnlicher Ansicht scheint heute die Regierung von Hong Kong zu sein, denn auch im dortigen ArchSD, dem Architectural Service Department der Verwaltung, entstand kürzlich ein besonderer Schulbau. Der lässt ein wenig an den Brutalismus denken, aber auch an moderne Beispiele aus Südamerika.
Besonderen Wert legten die Architekten auf die enge Verbindung von Außen- und Innenraum. Anstatt das Raumprogramm in einem einfachen Gebäuderiegel zu stapeln, entwickelten sie deshalb ein flaches Ensemble, in dem sich die Räume miteinander verschränken. Die Architektur steht so im Kontrast zur Bauform Hochhaus, die die dichtbesiedelte südchinesische Sonderverwaltungszone dominiert. Im subtropischen Klima bieten sich Freitreppen und Laubengänge als Erschließung an, die gemeinsam mit dem überdachten Pausenhof und einem sonnigen Gründach eine ganze Reihe an verschiedenen Aufenthaltsflächen für die Schüler bieten.
Das Zentrum der Anlage bilden die Sportplätze im ersten Obergeschoss. Sie sind von allen Seiten einsehbar und überdachen zugleich die Räumlichkeiten der Verwaltung. Die Klassenräume sind in zwei Gebäuderiegeln im Norden und Westen angeordnet, Sonderräume wie der Zeichensaal und die Schülertoiletten erhielten eigene Bauvolumen an den Ecken, die Bibliothek öffnet sich zum Gründach.
Trotz brutalistischer Referenzen wie Sichtbeton, Metall und Gebäudebrücken wirkt die Anlage nicht funktionalistisch. Frei stehende Wandscheiben und Deckenplatten bilden Torsituation und erinnern, zumindest wenn sie weiß gestrichen sind, an die bereits erwähnten südamerikanischen Schulbauten der Moderne. Dem Modernisten mag die Vielfalt der verwendeten Materialien übertrieben erscheinen. Doch diese Variationen dürften zumindest die Orientierung der Schüler in der zunächst etwas labyrinthisch anmutenden Anlage erleichtern. (dd)