Im Schweizerischen Winterthur hat das Zürcher Architekturbüro Schneider Studer Primas kürzlich einen Schulbau realisiert, der den Freiraumbezug als essenziellen Bestandteil des Gebäudes ebenso wie des Unterrichtes etabliert. Mit ihrem Entwurf für das Schulhaus Wallrüti konnte sich das Büro 2016 in einem Wettbewerb des Amtes für Städtebau, Stadt Winterthur gegen die Konkurrenz durchsetzen. Gemeinsam mit Kolb Landschaftsarchitektur (Zürich) gelang es ihnen, die in der Ausschreibung zusätzlich geforderte Funktion als soziales Zentrum des Quartiers auf die Konzeption des öffentlichen Schulbaus zu übertragen.
Insgesamt bietet der dreigeschossige Bau mit einer Geschossfläche von 4.785 Quadratmetern Räume für 28 Klassen, die von den Schüler*innen der Oberstufe besucht werden. Dazu gehören neben Klassenräumen auch Werkstätten, eine Bibliothek sowie Lehrerräume. Besondere Herausforderung war ein sparsamer Umgang mit den Baukosten, die mit 28 Millionen Schweizer Franken beziffert werden und zu entwurfsprägenden Entscheidungen führten. Wie auch das von Schneider Studer Primas realisierte Wohnprojekt Zwicky Süd zeichnet sich das Schulhaus Wallrüti durch die ihm zugrundeliegende Experimentierfreude aus.
So wurde etwa die Erschließung des Baus vollständig in den Außenraum verlegt. Die Klassenräume werden über eine umlaufende Laubengangstruktur erschlossen. Ihre wolkige Form bricht die strenge und reduzierte Gliederung der Klassenräume spielerisch auf. Dabei wird hier nicht nur die Erschießung untergebracht. Hochwachsende Bäume, die durch die großen Öffnungen der Struktur wachsen, verbinden diese gleichsam mit dem umgebenden Park.
Entsprechend der Vorgabe der Schule, viel Aufenthalt im Freien zu ermöglichen, kann der Unterricht problemlos nach draußen erweitert oder ausgelagert werden. Außerhalb der Schulzeiten können die Laubengänge – von den Architekten mit „Bürgersteigen und Plätzen in einer Stadt“ verglichen – von der Nachbarschaft genutzt werden und so eine Anbindung an das Quartier erzielen. Neben dem pädagogischen Mehrwert werden gleichzeitig die laufenden Betriebskosten des Gebäudes reduziert.
Schneider Studer Primas definieren das Projekt als Freiluftschule. Dabei haben sie sich an pädagogischen Konzepten orientiert, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts etwa in Frankreich praktiziert wurden und nicht nur eine pädagogische, sondern auch bauliche Öffnung zur Landschaft anstrebten.
Das Gebäude wurde als Skelettbau realisiert, der es ermöglicht alle Wände nichttragend auszubilden. Dies ist für Konzept essenziell: Weite Teile der umlaufenden Glasfassade können zur Erschließung geöffnet werden. Die Klassenräume selbst lassen sich miteinander verbinden – im Obergeschoss sogar zu einer einzigen großen Lernhalle. Genutzt werden die dabei entstehenden Flächen nicht nur für verschiedene Unterrichtsformen, sondern auch außerhalb der Schulzeiten etwa von Vereinen.
Bei dem Gebäude handelt es sich um einen (Teil-)Ersatzneubau der 1974 errichteten Schulanlage Wallrüti, die in mehreren Schritten in den kommenden Jahren durch weitere Neubauten ersetzt werden soll. Damals galt der von Heinrich Irion konzipierte Bau – bestehend aus mehreren in die Landschaft eingebunden Volumen – als innovativ. Doch die Materialwahl aus Cortenstahl erwies sich für eine geplante Renovierung als zu unwirtschaftlich. Im Rahmen des 2016 ausgelobten Wettbewerbs galt es für die Architekturbüros, nicht nur den Schulbau zu realisieren, auch das umliegende Grundstück sollte neu gestaltet werden.
Auf der Fläche des nach Fertigstellung abgerissenen alten Schultraktes befindet sich nun ein ebenfalls von dem Planungsteam realisierter Park. Auch die Sportfläche, auf der der Neubau nördlich des Bestandes realisiert wurde, musste auf dem Schulgrundstück ersetzt werden. Ebenso wurden Teile der Schulanlage, etwa eine Turnhalle und ein Mehrzweckraum, der sogenannte Singsaal, saniert. In Zukunft sind weitere Wettbewerbe für Ersatzneubauten geplant. (sla)
Fotos: Christian Senti, Dirk Podbielski
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drunter | 07.11.2023 09:56 Uhrdrüber
Ich musste schmunzeln, weil man das Gebäude auf den ersten Blick so lesen könnte, als hätte der Baumeister aus Versehen das Änderungswölkchen gebaut.
Ich finde das Gebäude trotz des Wolkenbildes aber etwas zu nüchtern und wenig warm aber die Kinder und Jugendlichen werden es sich schon erobern.