Simone Veil war nicht nur die zweite weibliche französische Ministerin überhaupt, sondern ab 1979 auch erste Präsidentin des Europäischen Parlaments. Als Vertreterin demokratischer Werte und der Versöhnungspolitik wurde sie zur Namensgeberin zahlreicher Institutionen in Frankreich und darüber hinaus. Ihr Porträt ziert seit 2021 auch die Außenwand einer nach ihr benannten Schule, dem Lycée Simone Veil im französischen Gignac. Entworfen wurde der Gebäudekomplex von Hellin-Sebbag Architectes Associés (Montpellier/Paris), die Landschaftsgestaltung übernahm Guillemet (Salon-de-Provence). Der Bau liegt in Südfrankreich, inmitten der ländlichen Region Okzitanien und ist durch seine auffallende Fassade aus blau und grün glasierten Terrakotta-Platten nicht zu übersehen. Laut Aussage der Architekt*innen sollen diese die umgebende Landschaft widerspiegeln, allerdings weckt die Gestaltung im ersten Moment Assoziationen einer Kongresshalle.
Das Gymnasium ist mit 14.500 Quadratmetern Fläche für bis zu 1.100 Schüler*innen konzipiert und gliedert sich um einen rautenförmigen Pausenhof, der im Süden und Norden von zwei dreigeschossigen Riegeln begrenzt wird. Dort befinden sich Unterrichtsräume und Verwaltung. Östlich und westlich des Hofes erheben sich zwei weitere Gebäude, deren gewölbte Gründächer an Hügel erinnern. Hier sind Mensa und ein Dokumentationszentrum untergebracht. Das Internat und die Personalunterkünfte des Schulkomplexes wurden abseits des Hofes in Richtung Sportplatz ausgelagert.
Neben seiner Wellenform sticht der nördlich zur Straße orientierte Riegel vor allem durch die Eingangshalle hervor, deren Form sich aus einander überlagernden Rundungen ergibt. Unter einer Auskragung, die auf V-Stützen aus hochfestem Faserbeton (UHPC) ruht, entstand ein überdachter Bereich. Markant sind zudem die beiden Abschlüsse der nord-südlich orientierten Unterrichtsblöcke durch ihre Verkleidung mit leuchtend grünem Keramikgitter. Sie rahmen die Fassade des Lesesaals und erzeugen als Hintergrund des Veil-Porträts eine Plakatwirkung.
Was die wartungsarme Außenhaut nicht vermuten lässt: Es handelt sich um einen Holzhybridbau. Um die kurze Bauzeit von veranschlagten 17 Monaten einzuhalten, wurden Massivholzstützen, Balken und Böden aus Brettsperrholz (CLT) mit Holzrahmenwänden gefertigt. In den Innenräumen ist das Material hingegen stets präsent. Die Flurwände und Akustikdecken sind mit Birkenholz verkleidet, im Dokumentationszentrum und der Mensa stechen wellenförmige Lamellen hervor.
Der Schulkomplex ist als Plusenergiehaus konzipiert und trägt 1.700 Quadratmeter Photovoltaikpaneele auf den Dächern der beiden Unterrichtsgebäude und des Internats. Zudem ist er mit einer Wasser-Wasser-Wärmepumpe ausgestattet. Die Baukosten werden von den Architekt*innen mit rund 32 Millionen Euro beziffert. (sas)
Fotos: Benoît Wehrlé, Jean Pierre Porcher, Julien Thomazo
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen: