Auf den ersten Blick ist es verwirrend. Mehrere kleine und große Eingriffe, Umbauten und Ideen, an verschiedenen Orten, in verschiedenen Gebäuden. Mal geht es um Musik, mal um Wasser, mal um Spielereien. Viele kleine Puzzlestücke, die am Ende ein Bild ergeben, in das das Schloss Litomyšl eingebettet ist. Erbaut 1568-1581 von Giovanni Battista Aostalli und Ulrico Aostalli, gilt Schloss Litomyšl als eines der bedeutendsten Renaissance-Denkmäler Tschechiens. 1999 wurde es in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Litomyšl selbst, eine Kleinstadt mit 10.000 Einwohnern, liegt 160 Kilometer westlich von Prag. Bekanntester Sohn des böhmischen Städtchens ist Bedřich Smetana, der Komponist der „Moldau“.
Mit dem historischen Ensemble in Litomyšls Stadtmitte, dessen letzte Besitzer vor der Verstaatlichung 1945 die Fürstenfamilie Thurn und Taxis war, beschäftigte sich der Architekt Jan Šépka – mehrere Jahre lang. 2007 begannen die ersten Planungen, die zwischen 2011 und 2016 realisiert wurden. Unterstützt wurden Šépka architekti (Prag) bis 2014 von Petr Hájek und Tomáš Hradečný vom Prager Büro HŠH architekti.
Raum in Raum
Im Fokus stand nicht der Schlossbau an sich, sondern auch seine Anbauten. Šépkas Idee: Minimale, punktuelle Eingriffe, die den Bestand und seine Geschichte respektieren. Entwurf also als Denkmalpflege; architektonisch umgesetzt als Raum-im-Raum-Konzept, gespickt mit mobilen, multifunktionalen Elementen. Innen wie außen. So wurde der Schlosshof um eine Bank ergänzt und zwischen Schloss und Wagenhaus ein Sommerpavillon installiert. Er bietet Spielangebote für Kinder. Die Bestandsgebäude wurden rekonstruiert und mit neuen Funktionen versehen. Insbesondere das Kutschhaus und die ehemalige Reithalle – bis dato für Ausstellungen genutzt – wurden umgebaut. Die ursprüngliche Fensterform sowie der Eingang der Reitschule aus dem 17. Jahrhundert wurden restauriert. Das Innere wurde als multifunktionales Gebilde konzipiert, das sowohl Bühne, als auch Kinosaal oder Galerie sein kann: Das zweiteilige Raum-im Raum-Modul kann schienengebunden im Raum bewegt, der Boden angehoben oder abgeschrägt werden.
Ungewöhnliches Material
Gegenüber des Schlosses, wo einst Kutschen parkten, kann jetzt fürstlich gespeist werden. Der historische Bau wurde wie die Reithalle in den Siebzigerjahren umgebaut und nun in den Ursprungszustand zurückversetzt. Um die Interventionen vom Bestand abzuheben, hat Šépka, der für ungewöhnliche Formen und Stoffe bekannt ist, für seine Einbauten deutlich anderes Material verwendet: Bernsteinfarbenes, transluzentes Laminat an Stahlgerüst. Eine Umgestaltung des Englischen Parks komplettiert Šépkas Entwurf. Das restaurierte Wasserwegenetz gibt dem Park wieder Struktur, mobile Bühnen- und Sitzmöbel ersetzen das in den 1950ern installierte Amphitheater. Historischer Ballast? Abgeworfen. (kat)
Fotos: Tomáš Malý, Šépka architekti und HŠH architekti
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André S. | 02.02.2018 09:45 UhrMaterial
Was hat denn dieses billig und klebrig aussehende Glibberzeugs in dem schönen alten Schloss zu suchen?
Da hätte es bestimmt andere leichte Materialien gegeben.