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27.07.2022

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Haus der fliegenden Steine

Schauhaus in Vals von Kengo Kuma


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So einen Auftrag muss man erstmal bekommen: Man hätte eigentlich „keinen bestimmten Zweck“ formuliert und auch „kein umzusetzendes Raumprogramm“. Es sei der Firma Truffer, wie sie schreibt, darum gegangen, den Architekten unbefangen träumen zu lassen „von einem wunderbaren Gestein, das auf Reisen geht“. Denn die Firma baut seit 1983 den Naturstein in Vals in der Schweiz ab und verarbeitet ihn im Werk vor Ort zu allerlei Produkten weiter – von Küchen-, Bad- und Bödeneinbauten bis zu Dach- und Fassadenmaterialien. Diese Bandbreite sollte der Neubau vorführen. Als Architekt wurde 2012 der Japaner Kengo Kuma engagiert, nach Firmeneinschätzung ein „Meister ..., der die Materialien sprechen lassen kann.“ Realisiert wurde das Gebäude mit den lokalen Architekten Spreiter + Partner (Flims).

Die Form des Gebäudes ergab sich aus dem dreieckigen Grundstück, das auf dem Firmenareal zur Verfügung stand. Aus der dreieckigen Geomterie entwickelten die Architekten ein spitz geschnittenes Volumen, das von horizontal umlaufenden Vordächern strukturiert wird. So ergibt sich eine Mischung, die einerseits an die Architektur japanischer Pagoden erinnert, die sich aber auch auf die Valser Tradition der Steinschindeldächer bezieht: Dort sind die Platten mit dem Hammer aneinander angepasst und ohne Schrauben oder Nägel gefügt.

Kuma schreibt dazu: „Aus der Ferne sieht das Dorf mit seinen Schindeldächern aus, als würden Steine über dem Tal schweben. Dieses Bild wollten wir in einem besonderen architektonischen Detail aufgreifen.“ Daraus entwickelte Truffer mit den Architekten eine sehr spezielle Vorhangfassade aus „schwebenden Steinen“: Eine licht- und blickdurchlässige Struktur, die von kräftigen Edelstahlseilen gebildet wird, an denen im Wechsel bis zu zweieinhalb Meter lange Holz- oder Steinplatten befestigt wurden. Das erinnert an eine Jalousie, eine sehr schwere allerdings: Insgesamt bestehen die Fassaden aus 882 Stein- und 501 Holzpaneelen. Alleine die Steinplatten ergeben ein Gesamtgewicht von 24 Tonnen, jedes Seil musste mit 500 Kilogramm vorgespannt werden.

Das spektakulärste Element im Inneren ist die einläufige Treppe, die das Haus diagonal durchquert und einen hohen, schmalen Raum in das Volumen schneidet „wie eine Schlucht“, sagt Pia Truffer als Vertreterin des Unternehmens. Hier suchte man nach einer Gestaltung der Wände mit rohen, unbearbeiteten Felsstücken. Letztlich entwickelte die Firma eigens ein neues Spaltverfahren für die Steinblöcke im Bruch. Der Architekt setzte dann genau fest, wo jede der rund 1.000 Platten mit neun unterschiedlichen Höhen in die Treppenhauswände gesetzt werden sollte. Zwei Handwerker waren über ein Jahr lang beschäftigt, die Platten zu setzen.

Parallel zur Materialforschung wurde schließlich eine Nutzung als Wohn- und Geschäftshaus konzipiert. Das Haus wird von der Treppenschlucht in ein größeres und ein kleineres Dreieck geteilt und die Nutzungen dadurch verteilt. Im zweiten Obergeschoss liegen zwei Wohnungen, die größere wird von der Familie Truffer genutzt, das kleinere Loft vermietet. Im ersten Geschoss befindet sich ein Büro mit 10 Arbeitsplätzen, ein Besprechungszimmer sowie – im kleineren Dreieck – die Cafeteria. Das Parterre ist Empfangsbereich, Arbeitsplatz, Besprechungsraum und Verkaufsstelle. Im Untergeschoss liegt die „Steinwelt“ als Präsentations-, Verkaufs-, Veranstaltungs- und Besprechungsraum inklusive versunkenem  Show-Garten.

„Unsere Vision war es“, so Kuma, „den Valser Stein als festen Bestandteil der Architektur zu präsentieren und nicht wie in einem gewöhnlichen Ausstellungsraum durch eine Kollektion von Mustern und informativen Katalogen.“ Man könnte insofern wohl – als Steigerung des Showrooms – von einem „Schauhaus“ sprechen. (fh)

Fotos: Daniela Derungs


Download:

Broschüre zur Eröffnung des Schauhaus in Vals

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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

4

Tobias | 28.07.2022 08:58 Uhr

Holz in der Fassade

...das stört (mich) gar nicht. Fällt vor Ort auch erst auf den zweiten Blick auf.

Und das ist, woraus die Häuser dort gemacht sind, oder? Stein und Holz.

Ich kenne es nur von aussen - aber dass dem Gebäude die Kraft fehlt, kann ich nicht bestätigen. Es zieht sofort die Aufmerksamkeit auf sich und passt aufgrund der Massivität und Materialwahl doch perfekt in den Ort.

Wenn man nach einem weiteren Grund für das Holz sucht, könnte es das Gewicht sein. Die Anzahl der Platten war notwendig um noch als Aussenfläche wahrgenommen zu werden - aber das Gewicht....

3

Erlbach | 28.07.2022 08:29 Uhr

...

Manchmal täten Zwänge (wie z.B. Programm oder Budget) einem Projekt auch ganz gut. Dieses Projekt wirkt auf mich wie eine manierierte Fingerübung. So aufwendig und so belanglos...

2

50667 | 28.07.2022 07:29 Uhr

Was soll....


..das ganze Holz in der Fassade ?

Das nimmt dem Gebäude die Kraft und macht es zum dekorierten Pavillion.

1

spacearc | 27.07.2022 19:47 Uhr

...

de...Könnte sogar innen durch noch mehr stürzende Elemente sich steigern. Egal Wände Möblierung bis Steinzuschnitt. Das überträgt sich dann auf einen noch besser. Die notwendigen Senkrechten dazwischen werden dann noch filigraner. Ist ja eh nur ein abstraktes Spiel zwischen Schräge und Orthogonale wie Berge und Ort.
Architektur als körperliches Erfahren hier des Bergortes.

 
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