Über 200 Jahre Alpingeschichte erhalten nun mehr Präsenz im Münchner Stadtbild: Das Alpine Museum führte lange Jahre ein kleines Schattendasein auf der Münchner Praterinsel. Zwar kommen hier so gut wie alle Stadtbewohner*innen auf dem Weg entlang der Isar vorbei, doch war das Wort „vorbei“ durchaus auch wörtlich zu verstehen. Bis vor Kurzem befand sich der Eingang auf der Rückseite des Gebäudes, versteckt im Garten und innerstädtischen Naturraum zwischen den umfließenden Isararmen.
In einem geladenen Ideenwettbewerb von 2016 waren daher unter anderem die Öffnung des Alpinen Museums zur Stadt hin sowie eine Verbesserung der Barrierefreiheit gefordert. Die wertvolle Kulturinstitution, die auf dem Historischen Archiv des Deutschen Alpenvereins (DAV), des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) und des Alpenvereins Südtirol (AVS) aufbaut, beherbergt neben Ausstellungsflächen etwa eine Bibliothek, Gastronomie und Veranstaltungsräume. Mit der Aufgabe betraut wurde das erstplatzierte Büro Feil Architekten (Regensburg) gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekten Stefan J. Hierl (München). Im Frühjahr dieses Jahres wurde die mit 5,8 Millionen Euro (KG 200 bis 600) bezifferte Sanierung abgeschlossen.
Das Haus beendet damit das jüngste Kapitel einer bewegten Geschichte. Ursprünglich befand sich an dieser Stelle auf der Praterinsel ein Neorokoko-Schlösschen, das 1888 nach Plänen von Friedrich Löwel errichtet wurde. Damals beherbergte der Bau das Café & Restaurant Isarlust. Ab 1911 zog hier nach einem Umbau das Alpine Museum ein. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus bombardiert. Bevor das historische Gebäude jedoch endgültig zerstört war, konnte ein Großteil der Sammlung in einen Bergwerksstollen in Tirol gerettet werden. Ab 1948 erfolgte der Wiederaufbau nach Plänen von Wolfgang Rothenbücher in einer reduzierten, jedoch wesentliche Merkmale des historischen Vorbilds aufgreifenden Form. Der DAV nutzte den Nachkriegsbau zunächst für die Verwaltung, bevor das Museum 1996 nach einem erneuten Umbau wiedereröffnete.
Früh im Wettbewerb sei aufgefallen, so Architekt Michael Feil in einem Interview mit dem DAV, dass der vormalige, sehr klare Grundriss durch die verschiedenen Umbauphasen verloren gegangen war. Diesen „fast Labyrinth-artigen Charakter“ wieder aufzulösen und dem Haus seine ursprüngliche Großzügigkeit zurückzugeben, sei einer der Ansätze gewesen. Die Architekt*innen verlegten die beiden Treppenhäuser wieder an ihre frühere Position, schufen eine prägnante Eingangssituation an der stadtzugewandten Westfassade und öffneten die Räume weitgehend. Damit einher geht auch eine gewisse Flexibilität in der Nutzung. Eine reduzierte Haustechnik, der Verzicht auf Klimatisierung und entsprechende Energieeinsparung ergänzen das Konzept.
Der an der Fassade verwendete Nagelfluh – ein Konglomerat verschiedener Gesteine des Alpenraums – zieht sich nun in den Eingangsraum und weiter als „steinernes Band“ durch das Erdgeschoss, das bis zur Terrasse und dem Garten geöffnet wurde. Während der Sanierung kamen Natursteinsäulen und eine mit Blumenmuster bemalte Holzdecke zum Vorschein. Sie sind nun restauriert und in die Gestaltung integriert. Teile einer barockisierenden Treppenanlage auf der Gartenseite wurden jedoch nach Abstimmung mit dem Denkmalamt überbaut. Die Materialien und das innere Erscheinungsbild sollten an die Einfachheit von Berghütten angelehnt sein. (sab)
Fotos: Pk. Odessa Co., Lanz, Marco Kost, DAV/Tina Gauß
Zum Thema:
Den bewussten Umgang mit baulichen Ressourcen bewies der DAV kürzlich auch mit einem Umbau und einer Aufstockung für seine neue Bundesgeschäftsstelle im Norden Schwabings.
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arcseyler | 25.04.2024 10:36 UhrBild 5
Schönes Gegenüber des ursprünglichen Rustikafelsens mit der schneeweißen Nachkriegsversion. So bemüht der alte Felsen auch ist, der Weiße ist Alpiner.
Hebt mehr ab, was ja der Zweck des Alpinismus ist. Nicht das mühsame Hoch, sondern das Oben.