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18.08.2021

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Oberlausitzer Umgebindehaus

Sanierung von Atelier ST


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Erst kürzlich hat das Leipziger Büro Atelier ST mit dem Neubau des Göttinger Kunsthauses bewiesen, dass es historische Strukturen ergänzen kann, ohne einem eindimensionalen Bewahren zu unterliegen. Nun folgt das sogenannte Faktorenhaus in der kleinen Ortschaft Schönbach in der Oberlausitz, die nicht gerade als erste Destination für Architekturaficionados gilt. Doch dieser östlichste Landstrich der Bundesrepublik an der Grenze zu Polen und Tschechien ist quasi ein Hotspot für Umgebindehäuser. Um ein solches handelt es sich auch beim denkmalgeschützten Faktorenhaus.

Umgebindehäuser sind eine grenzübergreifend in der Region zu findende Typologie, bei der Fachwerk-, Massiv- und Blockbau in einem Gebäude zusammenkommen. Der Hauptraum im Erdgeschoss wird in Holzblockbauweise errichtet und von einem umlaufenden Stützensystem umgeben. Diese Konfiguration zeigt auch das Faktorenhaus aus dem Jahr 1785, das einst ein repräsentatives Wohn- und Geschäftsgebäude war.

Zunächst befreiten die Architekt*innen das Haus von sämtlichen An- und Einbauten, die nicht zum historischen Kern gehörten: „Durch freigelegte und rückgebaute Decken und Wandflächen werden große Luft-und Lichträume sowie Galerien generiert, welche die unterschiedlichen Ebenen der gewünschten Büros visuell miteinander  verbinden,“ erläutern die Architekt*innen.

Diese bauliche Maßnahme ermöglicht der Bauherrschaft – ein Möbelunternehmen aus der Region – die beiden oberen Ebenen des Umgebindehauses als Büroräume zu nutzen. Das Herzstück des Gebäudes ist die Blockstube im Erdgeschoss, deren historische Struktur beibehalten wurde. Die vorgefundenen Dielen arbeitete man auf und verwendete sie wieder. Die Stube dient nun als Gastraum mit offener Küche und Kamin.

Weiteren Räume im Erdgeschoss werden für Seminare genutzt. Charakteristisch für die historische Atmosphäre des Hauses sind auch die sehr gut erhaltenen Kreuz- und Tonnengewölbe. Die verwendeten Lehmputze und die hellen Kaseinfarben wurden mit dunklen Rohstahl- oder spiegelnden Chromstahloberflächen kombiniert. Mit dieser kontrastierenden Materialwahl verbinden Atelier ST geschickt Vergangenheit und Gegenwart. (as)

Fotos: Robert Rieger


Video:



Atelier ST Faktorenhaus Lausitz from ERTZUI FILM on Vimeo.



Zum Thema:

Junge Architekturpraxis im ländlichen Raum: Die Baunetzwoche #581 versammelt Stimmen von jungen, deutschen Architekt*innen, die in den 1980er Jahren auf dem Land oder in der Kleinstadt aufgewachsen sind und sich nach ersten beruflichen Erfahrungen für die Rückkehr in ihre Heimat entschieden haben.



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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

10

eine junge | 26.08.2021 09:41 Uhr

architektin

einfach nur schön.

9

Claus | 19.08.2021 17:49 Uhr

@3 und 8

Meine Oma, in einem vergleichbaren Haus der Gegend beheimatet, meinte es wäre wie bei einer mittelalterlichen Bohlenstube. Der Wohnraum wurde komplett aus Holz gebaut, nicht aus Fachwerk, da er so leichter zu beheizen war...

8

mawa | 19.08.2021 15:54 Uhr

Webstuhlthese

Lieber Herr Abel, ich bin doch ganz froh, dass sich BauNetz nicht am Tradieren moderner Legenden beteiligt: »Im Volksmund ist als Erklärung dieser Bauweise überliefert, dass der Webstuhl auf ein separates Fundament zu stellen sei, damit die übrigen Bewohner nicht so sehr unter den dauernden Erschütterungen litten, denn die innere Hauskiste steht in keiner baulichen Verbindung mit dem Obergeschoss. Holzstuben seien auch für die Weberei von Vorteil, da sie im Vergleich mit Fachwerkstuben ein gleichmäßigeres Klima gewährleisten und dadurch eine gleichbleibende Qualität der Webwaren erreicht werde. Tatsächlich lebten die meisten Ortschaften in Niederschlesien, der Oberlausitz und Nordböhmen von der häuslichen Weberei. Der Umgebindeforscher Frank Delitz hält diese Überlieferung dennoch für einen "anscheinend unausrottbaren Irrglauben". [3] Hier seien vermutlich Beobachtungen im Zusammenhang mit industriellen Webstühlen auf Handwebstühle übertragen worden.« (Wikipedia)

7

Swen | 18.08.2021 21:55 Uhr

Bauen im Bestand

Eine auf den ersten Blick unerwartete, aber dann wunderbare Transformation. Die einem erst durch den Film wirklich bewusst wird.

6

genius loci | 18.08.2021 17:59 Uhr

@peter

Der grinsende Frosch!!! Hahaha, genial.

5

ABOA aufbauostarchitekten | 18.08.2021 16:58 Uhr

Kommentar

...nice!

4

auch ein | 18.08.2021 16:51 Uhr

architekt

toll gemacht, insbesondere wenn man (im film) sieht was es für eine bruchbude war!

und gerade die leuchten finde ich überall sehr passend! ;-)

3

Thomas Abel | 18.08.2021 16:50 Uhr

Umgebindehäuser in der Oberlausitz

Bei Ihrem Artikel fehlt mir der historische Hintergrund für die Umgebindehäuser. Der unabhängig aufgeführte Raum im Erdgeschoß - gut erkennbar an den Bögen der Außenfassade - enthielt die Webstube der dort ansässigen Weberfamilien. Dort wurden, oft in Tag- und Nachtschichten, die Lausitzer Tuche hergestellt, die dann von den Kaufleuten, zB. aus Görlitz, in den Handel gebracht wurden. Da bei dem Betrieb der großen Webstühle mit der entsprechenden Masse in einem "normalen" Haus das ganze Haus in Bewegung geraten wäre, hat man diese konstruktive Entkopplung entwickelt.
Wo der Mehrwert der Tuchproduktion blieb, läßt sich im Übrigen gut beim Vergleichen der Weberhäuser und der der Kaufleute ablesen.

2

peter | 18.08.2021 15:55 Uhr

ein grinsender frosch auf dem ersten bild.

schön!

1

werker | 18.08.2021 15:43 Uhr

Sehr schönes Haus

und tolle Sanierung (wenn man von der Auswahl der Leuchten mal absieht).

 
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