Unter Fachleuten der Industrie- und Baugeschichte ist das Weisbachsche Haus in Plauen schon lange überregional bekannt. Dass hier nach vielen Jahren Leerstand nun die Geschichte der vogtländischen Textilindustrie erzählt wird, ist ein Glücksfall für die Stadt in Westsachsen – wenngleich nicht alle Planungsentscheidungen bis zu Ende gedacht wirken.
Von Friederike Meyer
Das Weisbachsche Haus in Plauen gilt als wichtiges Zeugnis der sächsischen Industriegeschichte und als bedeutender Vorläufer der regionalen Fabrikarchitektur. Johann August Neumeister hatte es 1777 als ersten Neubau einer Kattundruckerei in Sachsen bauen lassen, sein Nachfolger Ernst Wilhelm Conrad Gössel ergänzte den Bau um eine mechanische Baumwollspinnerei. Mit der Übernahme durch Carl Wilhelm Weisbach erhielt es seinen heutigen Namen.
Zu danken ist die Revitalisierung des Gebäudes vor allem den Weisbachschen Erben, die nach der Wende in ihre Heimatstadt Plauen zurückgekehrt waren und das Haus mit Veranstaltungen und schrittweisen Instandhaltungsmaßnahmen vor dem Verfall retteten. 2015 schenkten sie es schließlich der Stadt. Diese wiederum entschied, hier die Sammlungen aus dem Plauener Spitzenmuseum und dem Vogtlandmuseum zusammenzuführen und unter dem schönen Namen Fabrik der Fäden zugängig zu machen. Mit der Umbau- und Sanierungsplanung beauftragte sie nach einem VgV-Verfahren das ortsansässige Büro Neumann Architekten. Die Ausstellungsgestaltung übertrug sie KOKO Architects aus Tallinn.
Das Ergebnis hat verschiedene Gesichter. Vom Parkplatz aus beeindruckt das Haus durch seine Größe und die sanierte Fassade im Stil des Spätbarock. Wer von der Innenstadt kommt, sieht eine Glaswand, die zwischen zwei Altbauflügeln klemmt. Sie schließt den Hof des ehemaligen Manufakturgebäudes, der durch einen Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, macht ihn bauphysikalisch zum Innenraum. Hinter dem Glas, auf der Betonwand des eingestellten neuen Ausstellungsraumköpers leuchtet ein kunstvoll gefertigtes P. Viele Jahre war es Teil des Schriftzuges auf einem Werksgebäude des VEB Plauener Spitze und stand für den Exportschlager, welcher der Textiltadt im Vogtland einst zu Weltruhm verhalf.
Im Inneren wirken die Planungen nicht überall gut aufeinander abgestimmt. Dies zeigt sich zum Beispiel an einem zum vorbeifließenden Mühlgraben abgetreppten, begehbaren Fenster. Es soll das an das Waschen der Tücher erinnern, was in der Ausstellung aber nicht aufgegriffen wird. Die Innenwände des Altbaus, wo die Narben der Zeit sichtbar bleiben sollten, gerieten an vielen Stellen zu einem seltsam manierierten Materialpatchwork. Und die Technik wiederum ist in Deckenpaketen untergekommen, die den Raumeindruck nicht unbedingt ruhiger machen. Schalter und Schilder scheinen an den Wänden eher gelandet als platziert. Mitunter entsteht der Eindruck, dass die Auftraggeberin, das Planungsteam und die Museumsleitung die Konsequenzen mancher Entscheidungen nicht immer bis zu Ende gedacht haben.
Dennoch: Das Haus ist einen Besuch wert und hat noch viel Entwicklungspotenzial. Es gibt 220 Quadratmeter bisher unbespielte Sonderausstellungsfläche, ein noch leeres Schaudepot und unsanierte Teile des Gebäudes, in denen die Weisbachs derzeit wohnen und den zugehörigen, denkmalgeschützten Garten betreuen. Die Umbaukosten werden mit rund 14 Millionen Euro benannt. Sie stammen aus mehreren Förder- und Sanierungstöpfen.
Fotos: Chris Gonz
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fabrik-der-faeden.de
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Arwed | 22.04.2024 22:33 UhrMehr Wissen ist mehr
Der früher leere Hof definierte keine pseudofeudale Dreiflügelanlage, sondern eine kriegsbedingte Fehlstelle. An dieser Stelle befand sich bis 1945 mit der einstigen Färberei sogar der früheste Bauabschnitt des Hauses. Diese eher kleine moderne Hofüberbauung dominiert das (nach Süden zum Garten!) riesige schlossähnliche Gebäude überhaupt nicht. Der Kommentar von Herrn Dr. Schmidt zeugt von 0% Kenntnis der örtlichen Situation.
Es handelt sich aus meiner Sicht um einen rundum gelungenen Bau. Meinen Glückwunsch an die planenden Architekten.