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15.04.2025
Großvater der Wolkenkratzer
Sanierung und Umbau in Shrewsbury von Feilden Clegg Bradley
In der englischen Ortschaft Shrewsbury steht ein besonders kultiges Bauwerk: die heutige Shrewsbury Flaxmill Maltings. Als dampfbetriebene Flachsspinnerei 1797 errichtet, gilt sie als weltweit erstes Gebäude mit einem Eisenskelett – ein Wendepunkt in der Baugeschichte! Sie ebnete den Weg für englische Industriewunder wie den Kristallpalast und wird von einigen Historiker*innen als „Großvater der Wolkenkratzer“ bezeichnet. Nach drohendem Verfall wurde sie kürzlich unter der Leitung von Feilden Clegg Bradley Studios aus London saniert und umgebaut.
Die 100 Kilometer westlich von Birmingham gelegene Region war während der industriellen Revolution vor allem dank ihrer reichen Kohlevorkommen eine Blüte für technischen Fortschritt. Tausende Menschen bauten hier damals Kohle ab und gossen Eisen. Etliche Jahre nach Errichtung der Iron Bridge im nahegelegenen Coalbrookdale – 1779 die erste gusseiserne Brücke der Welt – entstand nach Plänen von Charles Bage die vorerst Ditherington Flax Mill genannte Spinnerei. 400 Beschäftigte arbeiteten hier, anfangs auch Kinder.
1886 schloss die Spinnerei und das Hauptgebäude wurde noch bis 1987 unter dem Namen Maltings als Mälzerei genutzt. Nach Jahrzehnten des Verfalls übernahm die nationale Denkmalbehörde Historic England das Areal 2005 und initiierte eine umfassende Sanierung als auch die Suche nach einer neuen Nutzung. Mit öffentlicher und privater finanzieller Unterstützung, darunter 12,1 Millionen Pfund vom Heritage Lottery Fund, wurde das Hauptgebäude für umgerechnet 33 Millionen Euro saniert und umgebaut. Inzwischen bietet es auf knapp 5.600 Quadratmetern Raum für Ausstellungen samt Shop, 360 Büroplätze und ein Café.
Feilden Clegg Bradley Studios erhielten den Direktauftrag für die Planung des Umbaus. Die ersten Arbeiten der Handwerker*innen bestanden im Verstärken von Fassade und Eisenskelett, an denen inzwischen Risse aufgetreten waren, durch zusätzliche Stahlgitter, Dämmung und sechs Stützen. Danach wurden interne Bereiche bauzeitlich saniert und um einzelne Einbauten ergänzt, wie die Mälzerei im Erdgeschoss, die mit dem öffentlichen Café, einem Treppenturm und einer Ausstellung zur industriellen Revolution nun zum repräsentativen Eingang wurde. Auch die in den vier Obergeschossen ergänzten Büroräume tragen deutlich die Handschrift des Architekturbüros. So wurden sämtliche Oberflächen erneuert.
Historic England betrachtet das Projekt als Fallstudie für künftige Sanierungen historisch bedeutsamer Bauten: „Die Erhaltung der Shrewsbury Flaxmill Maltings gab uns die Möglichkeit, zu lernen, zu trainieren und praktische Erfahrungen zu sammeln“, schreiben sie auf ihrer Website. Regelmäßig veranstalteten sie Workshops mit Studierenden, die bei den Arbeiten mitwirkten. Auch die Bevölkerung wurde mit einbezogen und stimmte zum Beispiel über den endgültigen Namen Shrewsbury Flaxmill Maltings ab, der kurz darauf in zwei Meter hohen Versalien auf die Fassade gemalt wurde.
Die Resonanz der Nutzer*innen ist – den Bewertungen auf einschlägigen Internetportalen zufolge – überwiegend positiv. Viele loben die informative Ausstellung zur Industriegeschichte und die räumliche Qualität des Cafés. Einige äußerten jedoch auch den Wunsch nach mehr zugänglichen Bereichen und Hinweisen auf die historische Bedeutung einzelner Bauteile. Wer über Ostern also einen Ausflug nach Shrewsbury plant, sollte den Architekturführer am besten doch einpacken. Schließlich handelt es sich hier um das „wichtigste Gebäude der Neuzeit, das verdient, viel bekannter zu werden!“, schwärmte zumindest Peter Luff vom National Heritage Memorial Fund nach der Wiedereröffnung. (tg)
Fotos: Daniel Hopkinson, Historic England
Zum Thema:
Die Ortschaft Shrewsbury geht dank einem weiteren Pionier gleich zweimal in die Geschichtsbücher ein: Knapp zehn Jahre nach Errichtung der Spinnerei wurde hier der spätere Evolutionsforscher Charles Darwin geboren.
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