Wie sich tief im Großstadtraum verwurzelte Schulen behutsam und wirksam erweitern lassen, zeigt sich wieder einmal anhand eines Beispiels, diesmal aus Barcelona. Im meeresnahen Stadtviertel El Poblenou, südlich der Stadtschneise Diagonal rührt der Name der Escola La Mar Bella vom angrenzenden Strandabschnitt her. Im Jahr 1953 wurde an dieser Stelle die erste öffentliche Schule des Viertels seit Ende des Spanischen Bürgerkriegs gegründet, damals noch nach Papst Pius XII. benannt. Der bis heute erhaltene Bestandsbau entstand nach Plänen des hauseigenen Architekten aus dem Ministerium für Nationale Bildung, Claudio Díaz. Rund 70 Jahre später konnten sich SUMO Arquitectes (Barcelona) seiner umfassenden Sanierung und Erweiterung annehmen.
Wesentliche Merkmale der Baumaßnahme sind die energetische Ertüchtigung des Bestands sowie eine geschickte Implementierung der Neubautrakte in die Stadtstruktur. Diese verdoppeln die Kapazität der Grundschule auf nun insgesamt 5.400 Quadratmeter Bruttogrundfläche. Hierfür setzten die Planer*innen dem im nördlichen Grundstücksbereich gelegenen Bestandsgebäude einen Riegelbau vor, beide umschließen nun den Pausenhof L-förmig. Südlich davon wiederum befindet sich der zweite Neubau, der von vier Seiten von öffentlichem Straßenraum beziehungsweise der Plaça de Sant Bernat Calbó begrenzt wird und über eine Gebäudebrücke mit dem Schulhaus verbunden ist.
Das L-förmige Volumen enthält Klassenräume, Küche, Mensa und Verwaltung. Der Solitär beherbergt die Sporthalle, Umkleiden sowie eine Bibliothek und somit Funktionen, die auch außerhalb des Schulbetriebs dem Viertel zur Verfügung stehen. Doch auch im Schultrakt zeigt sich eine neue Flexibilität. Großzügige Erschließungsflächen lassen sich partiell und bei Bedarf den Klassenräumen zuschalten, Laubengänge beidseits der Obergeschosse sowie sich weit zum Hof oder der Dachterrasse öffnende Räume erweitern den schulischen Platzbedarf situativ. Diese Bereiche stellen gleichzeitig ausreichend Freiflächen für die Schulkinder zur Verfügung, die sonst in der urbanen Dichte nur selten vorzufinden sind. Innen wurde insbesondere der natürlichen Durchlüftung, dem Schutz vor sommerlichem Hitzeeintrag und der Verschattung ausreichend Sorge getragen.
Stahlbeton und vorgefertigte Holzelemente bilden die Tragstruktur des An- und des Neubaus. Sichtbar belassene Materialien und Haustechnik deuten auf eine einfache und pragmatische Herangehensweise hin, die der Aufenthaltsqualität nicht unbedingt zu schaden scheint. Geplant wurde nach Standard von Niedrigstenergiegebäuden (nZEB). Zur Funktion tragen eine thermische Bauteilaktivierung, eine umfassende Fassadendämmung im Bestand, ein hinterlüftetes Fassadensystem im Neubaubereich, dezentrale und wartungsarme Heizsysteme über einen Gasheizkessel und eine Luftwärmepumpe, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung oder etwa eine PV-Anlage bei, die gleichzeitig die Verschattung von Freiluftbereichen übernimmt. In südwestlicher Ausrichtung beherrschen Sichtbeton, Holzelemente als Brise Soleil und je nach Bedarf die weißen Sonnensegel aus Textil das Fassadenbild. Nach Norden ausgerichtete Fassadenbereiche erhalten eine vertikale Begrünung. (sab)
Fotos: Aitor Estévez Olaizola
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