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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Sanierung_und_Erweiterung_eines_Wirtshauses_bei_Altoetting_von_H2M_7548457.html

01.03.2021

Stampfbeton statt Kinostadel

Sanierung und Erweiterung eines Wirtshauses bei Altötting von H2M


Rund 1.000 Einwohner*innen, fast 500 Jahre Geschichte: Als das Wirtshaus von Tyrlaching im oberbayerischen Landkreis Altötting vor rund zehn Jahren geschlossen wurde, war klar, dass die Gemeinde handeln muss. Gerade bei kleinen Kommunen sind Wirthäuser schließlich oft Dreh- und Angelpunkte des öffentlichen Lebens. Das betrifft das gesellige Beisammensein, aber eben auch die Zusammenkunft von Vereinen im Nebenzimmer oder kleine Veranstaltungen bis hin zu großen Familienfeiern. Die Gemeinde erwarb darum den alten Gasthof und hat ihn seither mit Unterstützung von H2M Architekten (München, Kulmbach) zur neuen Ortsmitte ausgebaut. Den Auftrag erhielten die Architekt*innen 2015 über ein VOF-Verfahren.

Teil eins der Reaktivierungsmaßnahmen war die Sanierung des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes, das 1549 zum ersten Mal erwähnt und das in seiner jetzigen Form um 1700 erbaut wurde. Die Architekt*innen wählten hierfür eine Strategie der sanften Purifizierung, bei der sie An- und Einbauten aus jüngerer Zeit entfernen und nicht denkmalgerechte Baustoffe ersetzen ließen. Zahlreiche bauzeitliche Elemente wie Balken, Fenster und Türen konnten wiederum erhalten werden, andere Gebäudeteile wie etwa der Dachstuhl wurden hingegen denkmalgerecht erneuert. Das ertüchtigte Gebäude erfüllt jetzt alle aktuellen Ansprüche an Brandschutz und Barrierefreiheit.

Die Ausstattung und Möblierung der Gaststätte oblag ebenfalls den Architekt*innen. Hierfür entwickelten sie in Zusammenarbeit mit einem Schreinerbetrieb aus der Region eine an historischen Vorbildern orientierte, jedoch zugleich reduzierte Formensprache. Das Erdgeschoss umfasst die Schänke, eine Küche und zwei Gasträume, im oberen Stockwerk sind mehrere Vereine ansässig. Dazu passt, dass die Tyrlachinger über Workshops, Seminare und die Gründung einer Dorfwerkstatt durchgehend in die Planung des Projekts eingebunden wurden.

Anstelle des früheren Kinostadels im Hof wurde außerdem ein neuer Bürgersaal errichtet. Der ist eingeschossig ausgeführt, verfügt aber dank eines begehbaren und begrünten Daches über eine zweite Ebene, die für Veranstaltungen im Freien genutzt werden kann. Von der Straße ist die Erweiterung dank ihrer leicht erhöhten Lage bewusst abgesetzt. Zwischen Alt- und Neubau entsteht dadurch ein öffentlicher Hof mit Brunnen. Ein flacher Verbindungstrakt nimmt das Foyer des Saals und weitere Funktionen für beide Gebäudeteile auf. Dank breiter Fensterflächen wird das Geschehen im Saal auch für Passanten und vorbeifahrende Autos wahrnehmbar.

In Gestalterischer Hinsicht überrascht vor allem die Fassade aus Stampfbeton, die farblich mit dem Nachbargebäude korrespondiert. Im Inneren beeindruckt schließlich der holzvertäfelte Saal mit seinem asymmetrischen Zuschnitt. Aber auch viele andere Details dieses unter Mithilfe von zahlreichen Förderprogrammen finanzierten Projekts gefallen gut. (sb)

Fotos: Sebastian Schels


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