Die Gartensiedlung Sängglen bei Zürich wurde ursprünglich von den Architekten Philipp Bridel und Hugo Spirig geplant. Das städtebauliche Modell der geordneten Streuung galt als beispielhafte Antwort auf die seit den 1950er Jahren kritisierte Zersiedelung der Landschaft im Einzugsbereich größerer Schweizer Städte. Zwischen 1961 bis 74 wurden insgesamt 34 Häuser errichtet, alle waren mit Flachdach und Sichtbetonwänden ganz nach dem modernen Zeitgeist entworfen. Das vier Hektar große Grundstück ist als durchgehender Park gestaltet, die Anwohner teilen sich diesen als gemeinsamen Garten. Die einzelnen Parzellen wurden jedoch über die Jahre immer dichter bepflanzt, was nicht gut für die Bausubstanz sei, wie in einer zum 40-jährigen Bestehen der denkmalgeschützten Siedlung herausgegebene Broschüre geklagt wird.
Diese Broschüre setzt sich zum Ziel, die besondere architektonische Idee der Siedlung zu erläutern und damit zu deren Erhalt beizutragen. Es sind darin also recht konkrete Vorschläge und Parameter aufgeführt, wie bei den typisch anfallenden Ausbesserungsarbeiten zu verfahren ist: Vom richtigen Vorgehen bei der Sanierung der Flachdächer inklusive eines exakt 25 Millimeter hohen Blechabschlusses bis hin zum gut gemeinten Rat, die Sichtbetonwände doch bitte nicht zu übermalen – damit verlöre das Material seine Lebendigkeit.
Die Aarauer Architekten Gautschi Lenzin Schenker scheinen sich die Broschüre zu Herzen genommen zu haben, in der von ihnen durchgeführten Sanierung eines der Siedlungshäuser ist viel Fingerspitzengefühl im Umgang mit der historischen Bausubstanz zu erkennen. Unter grundsätzlicher Wahrung der ursprünglichen Entwurfsideen erfuhr der Grundriss im Erdgeschoss eine neue Interpretation: Durch das Weglassen von Türen und Durchgängen und der Minimierung von Wandscheiben entstand ein offener Raum, in dem Eingangsbereich, Küche, Wohnzimmer und Esszimmer ineinander übergehen. Die nun teils freistehenden Wände wurden jedoch zugleich zu eigenständigen Raumvolumen erweitert. Diese zonieren das Erdgeschoss und nehmen Wandschränke, Gästetoilette und einen offenen Kamin auf. Im Obergeschoss bleib die ursprüngliche Aufteilung erhalten.
Wichtiger Bestandteil des Eingriffs war eine entschiedene, jedoch trotzdem zurückhaltende Behandlung der bestehenden Oberflächen. So erhielten die gemauerten Wände im Inneren einen warmgrauen Feinputz, die Holzoberflächen sind in dezenten Grau- oder Grüntönen gehalten. Die Küchenarbeitsfläche, Waschbecken und Duschwannen wurden wiederum aus Beton gegossen. Und das Obergeschoss bekam einen Massivholzboden. Das Ergebnis ist eine ganz klar zeitgenössische Setzung, die aber trotzdem in enger Verwandtschaft zur bauzeitlichen Materialität steht. (tl)
Fotos: Sven Germann
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