Das 1961 fertiggestellte Haus des Landtags Baden-Württemberg gilt als erster Parlamentsneubau im europäischen Raum seit dem zweiten Weltkrieg und ist ein wichtiges Baudenkmal der Nachkriegsmoderne. Errichtet von Erwin Heinle und Horst Linde nach einem Entwurf des Mainzer Architekten Kurt Viertel steht das 12 Meter hohe Gebäude mit quadratischem Grundriss zwischen dem Neuen Schloss und dem Haus des Württembergischen Staatstheaters in Stuttgart.
Nach rund fünfzig Jahren wurde das Haus erstmals generalsaniert. Das denkmalgeschützte Gebäude sollte den neuen Energiestandards angepasst und im Hinblick auf Barrierefreiheit, Sicherheit und Raumakustik erneuert werden. Fünf Entwürfe standen 2012 beim VOF-Verfahren zur Wahl, Staab Architekten (Berlin) erhielten den Zuschlag. Die Sitzungen des Landtages fanden drei Jahre lang im Kunstgebäude statt – bis zum Abschluss der rund 52 Millionen Euro teuren Sanierungsarbeiten im Mai 2016.
Die größte Veränderung erhielt der große Plenarsaal: Eine neue Tageslichtdecke aus satiniertem Glas ersetzt die bisherige, geschlossene Holzlamellendecke mit ausschließlich künstlicher Beleuchtung. Zwölf kegel- und zylinderförmige Öffnungen belichten nun den Raum und ermöglichen Ausblicke in den Himmel. Bei Nacht, wenn integrierte LED-Lichtleisten die Decke beleuchten, zeichnen sich außen strahlende Kreise am Flachdach ab.
In mehrerlei Hinsicht wurde der neuneckige Raum, zuvor inoffiziell als „Kopfweh-Käfig“ betitelt, optisch entlastet. Indem die Architekten auf sichtbare Leuchtkörper verzichteten und die Öffnungen dezent ausformulierten, scheint die leicht und homogen wirkende Decke über dem Raum zu schweben. Den hinteren Bereich des Plenarsaals öffneten Staab Architekten über vier großformatige Fenster und schufen so eine visuelle Verbindung zur Wandelhalle und dem Außenraum. Die Oberflächen blieben weitestgehend wie sie sind, die Wandtäfelungen wurden in Abstimmung mit der Denkmalpflege restauriert.
Für die Sanierung erhielten Staab Architekten in diesem Jahr bereits zwei Auszeichnungen: Sowohl eine Anerkennung beim Deutschen Architekturpreis, als auch den kleinen Hugo-Häring-Preis auf lokaler Ebene, den die Landesverbände des Bundes Deutscher Architekten (BDA) alle drei Jahre ausloben. Der Umbau habe das Haus zu neuem Leben erweckt und reflektiere „in seinem architektonischen Ausdruck mit fast heiterer Gelassenheit das demokratische Selbstverständnis des Landes Baden-Württemberg“, heißt es in der Begründung zum so genannten Kleinen Hugo.
Text: Viktoriya Yeretska
Fotos: Marcus Ebener
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
Licht Kunst Licht | 09.11.2017 10:45 UhrLichtdecke
Guten Tag,
das ist fast korrekt. Die Lichtdecke und die Tageslichtkegel bestehen aus PETG. Neben dem Gewicht spielte auch die Revisionierbarkeit der einzelnen Deckenplatten eine wichtige Rolle und trug zur Entscheidung gegen eine Glasdecke bei. Den hohen licht- und brandschutztechnischen Anforderungen war nur das Material PETG gewachsen.
Mit besten Grüßen