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25.02.2025

Zuhause im mittelalterlichen Schlössle

Sanierung im Unterallgäu von Kern Architekten


Wenn Architekt*innen ihr eigenes Zuhause entwerfen, entstehen besondere Dynamiken. Perfektionismus schärft den Blick, Budgetgrenzen werden persönlicher, Entscheidungswege kürzer. Ein besonders sensibel umgesetztes Beispiel für diese Bauaufgabe liefern Kern Architekten aus Mindelheim. 2022 übernahmen Anna Kern und Sebastian Heinzelmann die Büroleitung und schufen sich ein außergewöhnliches Eigenheim: das instandgesetzte, Vöhlinschloss im Unterallgäu.

Das liebevoll auch Schlössle genannte Baudenkmal, errichtet 1492 von der Handels- und Patrizierfamilie Vöhlin, liegt im kleinen Ort Frickenhausen, rund 100 Kilometer westlich von München. Der dreigeschossige Satteldachbau mit nahezu quadratischem Grundriss wird von zwei Rundtürmen flankiert. Der südöstliche Turm mit einem kegelförmigen Spitzdach, der nordwestliche mit einer Dachterrasse. Nach Nutzungen als Amtssitz, Pfarrerschloss und Privatbesitz stand das Gebäude zuletzt leer, bis Kern und Heinzelmann es 2019 erwarben.

Mit einer Nutzfläche von 510 Quadratmetern dient das denkmalgeschützte Schloss heute vorrangig dem Wohnen. Das teilunterkellerte Erdgeschoss beherbergt Lager-, Technikräume und einen Veranstaltungsraum im historischen Tonnengewölbe – prädestiniert für Architektur-Ausstellungen oder Veranstaltungen der Gemeinde, bei denen auch der Schlossgarten bespielt wird. Das erste Obergeschoss umfasst eine Atelierwerkstatt, ein Bad, eine Waschküche und eine Bibliothek.

Herzstück des Wohnens bildet das zweite Obergeschoss: Mit seinen großzügigen Raumhöhen finden hier zwei Schlafzimmer, ein Bad, eine Küche mit Essbereich und ein Wohnzimmer Platz. Bemerkenswert ist der barocke Festsaal im dritten Obergeschoss aus den 1760er-Jahren, der bis auf konservatorische Maßnahmen unangetastet blieb und nur zu besonderen Anlässen genutzt wird. Ergänzt wird das Ensemble durch ein barockes Backhaus an der Dorfstraße – heute Garage und Gartenraum.
 
Die Bestandsaufnahme nach dem Kauf habe neben verhältnismäßig wenig Überformungen und einer gut erhaltenen Bausubstanz auch unvorhergesehene Schwachstellen offenbart, so Kern Architekten. Sie reagierten mit einem klaren Konzept: natürliche Materialien und traditionelle Handwerkstechniken. Verwendet wurden Sand, Sumpfkalk, Fichten- und Eichenholz, Lehmbodenziegel und Nagelfluh (ein grobkörniges Gestein) – bezogen aus Süddeutschland und Österreich.

Die baulichen Maßnahmen umfassten die Ertüchtigung der Gründung, ein sekundäres Tragwerk aus Stahl und die Sanierung der Putzfassade. Beschädigte Hölzer, vor allem Deckenbalken, wurden, wo nötig, durch neues Holz und traditionelle Holzverbindungen ersetzt. Die Böden, darunter Kalkstampf- und handgefertigte Ziegelböden, greifen historische Verlegetechniken auf. Auch das Dach wurde neu eingedeckt. Während jüngere Fenster aus dem 20. Jahrhundert ersetzt wurden, restaurierte man Exemplare aus dem 18. und ergänzte innenseitig Isolierglasscheiben. (gk)

Fotos: Célia Uhalde, Nicolas Felder


Zu den Baunetz Architekt*innen:

Kern Architekten


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Zustand vor Sanierung

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Nach der Sanierung

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