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30.03.2023

Endlich offen fürs Umfeld

Sanierung des Schauspielhauses in Düsseldorf von ingenhoven associates


Aus einer Sanierung der Oper wurde nichts, deshalb diskutiert man in Düsseldorf nun über einen Standort für den Neubau. Dafür wird schon seit der Saison 2019/20 im alten Schauspielhaus wieder Theater gespielt. Die Wiedereröffnung des angrenzenden, ebenfalls umgestalteten Gustaf-Gründgens-Platz folgte allerdings erst im vergangenen Herbst. Und nicht zuletzt die erstmals herausgearbeiteten Bezüge zwischen Theaterbau und Umgebung sind es, die das Sanierungsprojekt von ingenhoven associates ausmachen.

Von Klaus Englert


Rund 25 Jahre hat sich Christoph Ingenhoven mit der Gestaltung des Kö-Bogens beschäftig. Die Zusammenarbeit mit drei verschiedenen Bürgermeistern und mehreren Investoren war nicht nur durch Erfolge, sondern auch von Rückschlägen geprägt. Letztlich aber konnte er sich mit seinem „grünen“ Entwurf für das Teilstück „Kö-Bogen 2“ durchsetzen. Und auch die Sanierung des Schauspielhauses übernahmen schließlich ingenhoven associates nach einem öffentlichen Vergabeverfahren (Dach und Fassade) und einem Direktauftrag (Publikumsbereiche). Teile des Hauses – insbesondere der große Saal – waren zuvor schon 2011 von PFP Architekten (heute Studio PFP) instandgesetzt worden.

Die Bedeutung des Schauspielhauses (1965–1970) ist einzigartig in der Düsseldorfer Nachkriegsmoderne. Die Stadtverwaltung legte 1959 großen Wert darauf, die lebendige Theatertradition fortzuführen, nachdem das Stadttheater während des Zweiten Weltkriegs zerstört worden war. Nach dem national begrenzten Dreischeibenhaus-Wettbewerb wollte man nun die internationale Prominenz nach Düsseldorf holen. Neben Rheinländern wie Hentrich/Petschnigg oder Rudolf Schwarz standen zeitweise auch Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Richard Neutra und Le Corbusier auf der Teilnehmerliste. Den Wettbewerb gewinnen konnte dann aber der lokal ansässige Bernhard Pfau. Die Jury lobte „die großformatige, plastische Form von origineller Selbständigkeit“, die „einen wohltuenden Kontrast zu der monolithischen Form des Hochhauses“ (gemeint war das Dreischeibenhaus) bilde – eine organisch-plastische Architektur nach dem Vorbild Alvar Aaltos im Kontrast zur triumphalistischen Moderne der amerikanischen Nachkriegsarchitektur.

Wenig Wertschätzung, zunehmender Verfall

Trotz seiner unbestrittenen architektonischen Qualität hatte es das Gebäude ebenso wie der Gustaf-Gründgens-Platz in den folgenden Jahrzehnten schwer. Dazu trug bei, dass Pfaus Vorschlag, „den Vorplatz als Außenfoyer“, als Verbindung zwischen Innen- und Außenraum zu gestalten, nie verwirklicht wurde. Gleichzeitig zeigte die Stadt Düsseldorf insgesamt wenig Respekt für Pfaus Architektur. Nachdem sein denkmalgeschütztes Studienhaus am Rhein 1997 zugunsten des Stadttors abgerissen worden war, verfiel das Schauspielhaus weiter. Oberflächliche Ausbesserungsarbeiten führten außerdem dazu, dass, wie Gerwin Zohlen schrieb, in den öffentlichen Bereichen „wenig bis nichts mehr von Bernhard Pfau“ zu finden gewesen sei.

Um 2015 war schließlich klar, dass eine Generalsanierung unumgänglich ist. Neben einer Überarbeitung von Fassade und Dach gehörte dazu auch die Aufwertung der visuellen Bezüge des Erdgeschosses zum Hofgarten ebenso wie zum Gustaf-Gründgens-Platz mittels einer durchlässigeren Verglasung. Grundsätzliche Raumprobleme, die aus der historischen Verlegung des Haupteingangs vom Hofgarten zum Platz resultierten, ließen sich so zumindest kompensieren, wenn auch nicht endgültig beheben.

Größtmögliche Orientierung am Original

Projektleiter Oliver Ingenhoven priorisierte – soweit möglich – eine originalgetreue Wiederherstellung des Schauspielhauses. Aus diesem Grund beschloss man, viele auf Pfau zurückgehende Materialentscheidungen zu respektieren – etwa den rosa Marmorfußboden, die polierten Messinggriffe an den Holzhandläufen oder die knallgelben Plexiglasmöbel mit Blubberblasen im Foyer. Christoph Ingenhoven kommentierte den Stil: „Pfau changiert zwischen holländischem Pop, James Bond, John Lautner, Hollywood und den Sixties. Das ist sympathisch. Mit Pragmatismus hat das nichts zu tun.“ Bei der Planung zeigte sich außerdem, dass es sich nicht, wie angenommen, um eine reine Betonkonstruktion handelt, sondern um ein mit verschiedenen Füllstoffen ausgesteiftes Betonfachwerk mit entsprechenden konstruktiven Problemen.

Die Architekt*innen gingen restauratorisch vor, wenn – wie etwa beim Kleinmosaik-Fußboden – freigelegt oder repariert werden konnte. Auch die Paneele auf der Empore wurden von der Raufasertapete befreit, die Wandfarben so weit wie möglich restauriert und der ursprünglichen Raumatmosphäre angeglichen. Neben ingenhoven associates trug zudem Petra Blaisse mit ihrem Büro Inside Outside (Amsterdam) zur Sanierung bei. Ihr gelang es, die Vorhangverkleidungen der Atmosphäre anzupassen und die Vorhänge mit den vorhandenen Farbnuancen abzustimmen.

Ansonsten wagten Ingenhoven und sein Team entsprechend ihres „schwarzen Konzepts“ eine Neuinterpretation jener Räume, in denen keine ursprüngliche Schicht aus der Bauzeit auffindbar war. Jetzt zeigt sich am neuen Haupteingang und an den Garderoben eine fein nuancierte Skala von Anthrazittönen. Das „Schwarz“ signalisiert den nachträglichen Eingriff, ohne dabei zu dominieren.

Gelungener Heilungsversuch


Zu den größten Kostenfaktoren gehörte die Sanierung der Vorhangfassade aus hinterlüfteten Stahlprofilen, die aufgrund von mangelhaften früheren Sanierungsversuchen nicht mehr zu halten war. Anstelle des Stahlblechs kommt nun Aluminium zum Einsatz. Christoph Ingenhoven konstatiert, dass „mit heutigen technischen, konstruktiven und farbanalytischen Mitteln der Ursprungszustand wieder erreichbar ist“. Ähnliche Probleme ergaben sich außerdem hinsichtlich der Dachkonstruktion, sodass auch hier ein vollständiger Neuaufbau durchgeführt wurde. Dies erlaubte zugleich eine Begrünung der gesamten Fläche mit positiven Auswirkungen bezüglich des Hitzeeintrags.

Nach Beendigung der Sanierung orientiert sich das Schauspielhaus nun sowohl zum Gustaf-Gründgens-Platz als auch, entsprechend der ursprünglichen Intention von Bernhard Pfau, zum Hofgarten hin. Christoph Ingenhoven sieht darin „eine Art Heilungsversuch“. Aber insbesondere der Platz wird nun endlich als neuer öffentlicher Raum erfahrbar. Das Schauspielhaus befreit sich hier aus seiner Verkapselung in der Sockelzone. Die gewonnenen Sichtbezüge sind ein großer Trumpf des umgestalteten Areals, im Gegensatz zum früher stark segmentierten Raum. Dazu trägt auch die Ausrichtung des begrünten Kö-Bogens 2 bei, durch den die Verbindung zum Hofgarten erst augenfällig wird. Das resultierende Ensemble entwickelt dabei Qualitäten, die es zum Zentrum einer fußgängergerechten, offenen und lebendigen Stadt werden lassen.

Fotos: HG Esch, Thomas Rabsch / D’Haus


Zum Thema:

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Zu den Baunetz Architekt*innen:

ingenhoven associates


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