Es muss eine schöne Reise gewesen sein, von São Paulo über Lima und Mexico City nach Los Angeles und schließlich hinüber nach New Canaan bei New York – wenn sie denn tatsächlich so stattgefunden hat. Fest steht nur, dass die Jury des Mies Crown Hall Americas Prize (MCHAP) jedes der Projekte auf der Shortlist persönlich besucht hat. Das macht das besondere Gewicht dieses vor zwei Jahren zum ersten Mal vergebenen Preises aus. Der Niederländer Wiel Arets hatte damals als neuer Dekan des Illinois Institute of Technology die Idee, eine Auszeichnung nur für Nord- und Südamerika ins Leben zu rufen. Alle zwei Jahre wird nun in Chicago das beste realisierte Gebäude gekürt, das im Zeitraum seit der letzten Vergabe fertiggestellt wurde.
Der Jury gehörten neben Wiel Arets und dem Vorsitzenden Stan Allen noch Florencia Rodriguez, Ila Berman und Jean Pierre Crousse an – über 90 weitere „Botschafter“ waren außerdem an der Vorauswahl der Projekte beteiligt. Die Konkurrenz war 2016 jedoch deutlich kleiner als zwei Jahre zuvor. Damals hatten die Verantwortlichen einmalig auch ältere Gebäude bis zurück zur Jahrtausendwende zugelassen – eine Entscheidung, die schließlich in zwei Prämierungen resultierte: Álvaro Siza erhielt einen Award für die Jahre bis 2008, während Herzog & de Meuron für den Zeitraum ab 2009 ausgezeichnet wurden. In diesem Jahr fand der Crown Hall Americas Prize dann erstmalig im regulären Modus statt, doch wieder prämierte die Jury zwei absolute Ausnahmearchitekten: Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa von SANAA für ihr Projekt Grace Farms in New Canaan. Ebenfalls nominiert waren folgende Gebäude:
- Weekend House von Angelo Bucci in São Paulo
- UTEC Campus von Grafton Architects in Lima
- Pachacamac Museum von Llosa Cortegana in Lima
- Tower 41 von Alberto Kalach in Mexico City
- Star Apartments von Michael Maltzan in Los Angeles
Es hat also auch andere Optionen gegeben, doch die Sieger stammen bis auf weiteres aus dem Pritzker-Preis-Club. Für jüngere Architekten oder Büros gibt es aber ohnehin noch den
MCHAP Emerge Award, der
im Frühjahr an das mexikanisch-amerikanische Büro
Productora Arquitectura für ihren CDMX-Pavillon auf dem Zócalo-Platz von Mexico City ging. Überhaupt entwickelt sich Wiel Arets’ Idee inzwischen zu einer ganzen Preisfamilie, wurde doch nun auch erstmalig der
MCHAP.student-Award vergeben. Prämiert wurde das Projekt
(a)typical office von
Tommy Kyung-Tae Nam and
Yun Yun. Zur Preisvielfalt passt, dass es mit dem Fotografen
Iwan Baan noch einen innoffiziellen Sieger gab. Der Niederländer hatte immerhin drei der sechs Finalisten-Projekte abgelichtet.
Überreicht wurde der MCHAP Award an Kazuyo Sejima in Anwesenheit des Chicagoer Bürgermeisters
Rahm Emanuel und der kanadischen Architektin und Philantropin
Phyllis Lambert. Bei seiner Laudatio auf SANAA und
Grace Farms betonte Stan Allen die außergewöhnliche Klarheit und Konsistenz des Projekts, das die Grenze zwischen Architektur und Landschaft verschwimmen lasse. Wie schon vor zwei Jahren ist die Auszeichnung mit einer einjährigen Gastprofessur am IIT und einem Forschungsbudget von 50.000 Dollar verbunden.
(sb)
Zum Thema:
Mehr von Phyllis Lambert auch im Interview
www.arch.iit.edu/prize
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
Karl Adam | 25.10.2016 01:33 UhrManiriert
Ich muss ja sagen, dass ich den Entwurf von SANAA ganz schon maniriert finde. Geschwungene Linien auf dem grünen Rasen? Ich weiß ja nicht, ob das eine wegweisender Ansatz ist. Eher nein, wie ich finde. Die anderen Entwürfe haben da deutlich mehr Vitalität. Ich hoffe, in Zukunft gewinnt in Chicago nicht immer nur the biggest name.